Hegel: Phänomenologie des Geistes { Philosophy Index }

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Georg Wilhelm Friedrich Hegel

Phänomenologie des Geistes

VI. Der Geist

C. Der seiner selbst gewisse Geist.Die Moralität

Die sittliche Welt zeigte den in ihr nur abgeschiednen Geist, das einzelne Selbst, als ihr Schicksal und ihre Wahrheit. Diese Person des Rechts aber hat ihre Substanz und Erfüllung außer ihr. Die Bewegung der Welt der Bildung und des Glaubens hebt diese Abstraktion der Person auf, und durch die vollendete Entfremdung, durch die höchste Abstraktion, wird dem Selbst des Geistes die Substanz zuerst zum allgemeinen Willen, und endlich zu seinem Eigentum. Hier also scheint das Wissen endlich seiner Wahrheit vollkommen gleich geworden zu sein; denn seine Wahrheit ist dies Wissen selbst, und aller Gegensatz beider Seiten verschwunden; und zwar nicht für uns, oder an sich, sondern für das Selbstbewußtsein selbst. Es ist nämlich über den Gegensatz des Bewußtseins selbst Meister geworden. Dieses beruht auf dem Gegensatze der Gewißheit seiner selbst und des Gegenstandes; nun aber ist der Gegenstand ihm selbst die Gewißheit seiner, das Wissen—so wie die Gewißheit seiner selbst als solche nicht mehr eigne Zwecke hat, also nicht mehr in der Bestimmtheit, sondern reines Wissen ist.

Das Wissen des Selbstbewußtseins ist ihm also die Substanz selbst. Sie ist für es ebenso unmittelbar als absolut vermittelt in einer ungetrennten Einheit. Unmittelbar—wie das sittliche Bewußtsein weiß und tut es selbst die Pflicht und gehört ihr als seiner Natur an; aber es ist nicht Charakter, wie dieses, das um seiner Unmittelbarkeit willen ein bestimmter Geist ist, nur einer der sittlichen Wesenheiten angehört, und die Seite hat, nicht zu wissen. —Es ist absolute Vermittlung, wie das sich bildende und das glaubende Bewußtsein; denn es ist wesentlich die Bewegung des Selbsts, die Abstraktion des unmittelbaren Daseins aufzuheben und sich Allgemeines zu werden;—aber weder durch reine Entfremdung und Zerreißung seines Selbsts und der Wirklichkeit, noch durch die Flucht. Sondern es ist sich unmittelbar in seiner Substanz gegenwärtig, denn sie ist sein Wissen, sie ist die angeschaute reine Gewißheit seiner selbst; und eben diese Unmittelbarkeit, die seine eigne Wirklichkeit ist, ist alle Wirklichkeit, denn das Unmittelbare ist das Sein selbst, und als die reine durch die absolute Negativität geläuterte Unmittelbarkeit ist sie reines, ist sie Sein überhaupt oder alles Sein.

Das absolute Wesen ist daher nicht in der Bestimmung erschöpft, das einfache Wesen des Denkens zu sein, sondern es ist alle Wirklichkeit, und diese Wirklichkeit ist nur als Wissen; was das Bewußtsein nicht wüßte, hätte keinen Sinn und kann keine Macht für es sein; in seinen wissenden Willen hat sich alle Gegenständlichkeit und Welt zurückgezogen. Es ist absolut frei, darin, daß es seine Freiheit weiß, und eben dies Wissen seiner Freiheit ist seine Substanz und Zweck und einziger Inhalt.

a. Die moralische Weltanschauung

Das Selbstbewußtsein weiß die Pflicht als das absolute Wesen; es ist nur durch sie gebunden, und diese Substanz ist sein eignes reines Bewußtsein; die Pflicht kann nicht die Form eines Fremden für es erhalten. So aber in sich selbst beschlossen ist das moralische Selbstbewußtsein noch nicht als Bewußtsein gesetzt und betrachtet. Der Gegenstand ist unmittelbares Wissen, und so rein von dem Selbst durchdrungen ist er nicht Gegenstand. Aber wesentlich die Vermittlung und Negativität, hat es in seinem Begriffe die Beziehung auf ein Anderssein, und ist Bewußtsein. Dies Anderssein ist einerseits, weil die Pflicht seinen einzigen wesentlichen Zweck und Gegenstand ausmacht, für es eine völlig bedeutungslose Wirklichkeit. Weil dies Bewußtsein aber so vollkommen in sich beschlossen ist, so verhält es sich gegen dies Anderssein vollkommen frei und gleichgültig, und das Dasein ist daher andererseits ein vom Selbstbewußtsein völlig freigelassenes, sich ebenso nur auf sich beziehendes Dasein; je freier das Selbstbewußtsein wird, desto freier auch der negative Gegenstand seines Bewußtseins. Er ist hiedurch eine zur eignen Individualität in sich vollendete Welt, ein selbstständiges Ganzes eigentümlicher Gesetze, sowie ein selbstständiger Gang und freie Verwirklichung derselben,—eine Natur überhaupt, deren Gesetze wie ihr Tun ihr selbst angehören, als einem Wesen, das unbekümmert um das moralische Selbstbewußtsein ist, wie dieses um sie.

Von dieser Bestimmung an bildet sich eine moralische Weltanschauung aus, die in der Beziehung des moralischen An- und Für-sich-seins und des natürlichen An- und Für-sich-seins besteht. Dieser Beziehung liegt zum Grunde sowohl die völlige Gleichgültigkeit und eigne Selbstständigkeit der Natur und der moralischen Zwecke und Tätigkeit gegeneinander, als auf der andern Seite das Bewußtsein der alleinigen Wesenheit der Pflicht und der völligen Unselbstständigkeit und Unwesenheit der Natur. Die moralische Weltanschauung enthält die Entwicklung der Momente, die in dieser Beziehung so ganz widerstreitender Voraussetzungen enthalten sind.

Zuerst also ist das moralische Bewußtsein überhaupt vorausgesetzt; die Pflicht gilt ihm als das Wesen, ihm, das wirklich und tätig ist, und in seiner Wirklichkeit und Tat die Pflicht erfüllt. Für dies moralische Bewußtsein ist aber zugleich die vorausgesetzte Freiheit der Natur, oder es erfährt, daß die Natur unbekümmert darum ist, ihm das Bewußtsein der Einheit seiner Wirklichkeit mit der ihrigen zu geben, und es also vielleicht glücklich werden läßt, vielleicht auch nicht. Das unmoralische Bewußtsein dagegen findet vielleicht zufälligerweise seine Verwirklichung, wo das moralische nur Veranlassung zum Handeln, aber durch dasselbe nicht das Glück der Ausführung und des Genusses der Vollbringung ihm zuteil werden sieht. Es findet daher vielmehr Grund zu Klagen über solchen Zustand der Unangemessenheit seiner und des Daseins, und der Ungerechtigkeit, die es darauf einschränkt, seinen Gegenstand nur als reine Pflicht zu haben, aber ihm denselben und sich verwirklicht zu sehen versagt.

Das moralische Bewußtsein kann nicht auf die Glückseligkeit Verzicht tun, und dies Moment aus seinem absoluten Zwecke weglassen. Der Zweck, der als reine Pflicht ausgesprochen wird, hat wesentlich dies an ihm, dies einzelne Selbstbewußtsein zu enthalten; die individuelle Überzeugung und das Wissen von ihr machten ein absolutes Moment der Moralität aus. Dieses Moment an dem gegenständlich gewordenen Zwecke, an der erfüllten Pflicht, ist das sich als verwirklicht anschauende einzelne Bewußtsein, oder der Genuß, der hiemit im Begriffe zwar nicht unmittelbar der Moralität als Gesinnung betrachtet liegt, allein im Begriffe der Verwirklichung derselben. Hiedurch aber liegt er auch in ihr als Gesinnung; denn diese geht darauf, nicht Gesinnung im Gegensatze des Handelns zu bleiben, sondern zu handeln, oder sich zu verwirklichen. Der Zweck als das Ganze mit dem Bewußtsein seiner Momente ausgesprochen ist also dies, daß die erfüllte Pflicht ebensowohl rein moralische Handlung als realisierte Individualität sei, und die Natur, als die Seite der Einzelnheit gegen den abstrakten Zweck, eins sei mit diesem.—So notwendig die Erfahrung von der Disharmonie beider Seiten ist, weil die Natur frei ist, ebenso ist auch die Pflicht allein das Wesentliche, und die Natur gegen sie das Selbstlose. Jener ganze Zweck, den die Harmonie ausmacht, enthält die Wirklichkeit selbst in sich. Er ist zugleich der Gedanke der Wirklichkeit. Die Harmonie der Moralität und der Natur oder—indem die Natur nur insofern in Betracht kömmt, als das Bewußtsein ihre Einheit mit ihm erfährt—die Harmonie der Moralität und der Glückseligkeit ist gedacht als notwendig seiend, oder sie ist postuliert. Denn Fodern drückt aus, daß etwas seiend gedacht wird, das noch nicht wirklich ist; eine Notwendigkeit nicht des Begriffes als Begriffes, sondern des Seins. Aber die Notwendigkeit ist zugleich wesentlich die Beziehung durch den Begriff. Das gefoderte Sein gehört also nicht dem Vorstellen des zufälligen Bewußtseins an, sondern es liegt im Begriffe der Moralität selbst, dessen wahrer Inhalt die Einheit des reinen und einzelnen Bewußtseins ist; dem letztern gehört dies an, daß diese Einheit für es als eine Wirklichkeit sei, was im Inhalte des Zwecks Glückseligkeit, in seiner Form aber Dasein überhaupt ist. —Dies gefoderte Dasein oder die Einheit beider ist darum nicht ein Wunsch oder, als Zweck betrachtet, nicht ein solcher, dessen Erreichung noch ungewiß wäre, sondern er ist eine Foderung der Vernunft, oder unmittelbare Gewißheit und Voraussetzung derselben.

Jene erste Erfahrung und dies Postulat ist nicht das einzige, sondern es tut sich ein ganzer Kreis von Postulaten auf. Die Natur ist nämlich nicht nur diese ganz freie äußerliche Weise, in welcher als einem reinen Gegenstande das Bewußtsein seinen Zweck zu realisieren hätte. Dieses ist an ihm selbst wesentlich ein solches, für welches dies andere freie Wirkliche ist, d.h. es ist selbst ein zufälliges und natürliches. Diese Natur, die ihm die seinige ist, ist die Sinnlichkeit, die in der Gestalt des Wollens, als Triebe und Neigungen, für sich eigene bestimmte Wesenheit oder einzelne Zwecke hat, also dem reinen Willen und seinem reinen Zwecke entgegengesetzt ist. Gegen diese Entgegensetzung aber ist dem reinen Bewußtsein vielmehr die Beziehung der Sinnlichkeit auf es, ihre absolute Einheit mit ihm das Wesen. Beides, das reine Denken und die Sinnlichkeit des Bewußtseins, sind an sich Ein Bewußtsein, und das reine Denken ist eben dieses, für welches und in welchem diese reine Einheit ist; für es aber als Bewußtsein ist der Gegensatz seiner selbst und der Triebe. In diesem Widerstreit der Vernunft und der Sinnlichkeit ist für jene dies das Wesen, daß er sich auflöse, und als Resultat die Einheit beider hervorgehen die nicht jene ursprüngliche, daß beide in einem Individuum sind, sondern eine solche ist, die aus dem gewußten Gegensatze beider hervorgeht. Solche Einheit erst ist die wirkliche Moralität, denn in ihr ist der Gegensatz, wodurch das Selbst Bewußtsein oder erst wirkliches und in der Tat Selbst und zugleich Allgemeines ist, enthalten; oder es ist diejenige Vermittlung darin ausgedrückt, welche der Moralität, wie wir sehen, wesentlich ist.—Indem unter den beiden Momenten des Gegensatzes die Sinnlichkeit schlechthin das Anderssein oder das Negative, hingegen das reine Denken der Pflicht das Wesen ist, von welchem nichts aufgegeben werden kann, so scheint die hervorgebrachte Einheit nur durch das Aufheben der Sinnlichkeit zustande kommen zu können. Da sie aber selbst Moment dieses Werdens, das Moment der Wirklichkeit ist, so wird man sich für die Einheit zunächst mit dem Ausdrucke begnügen müssen, daß die Sinnlichkeit der Moralität gemäß sei.—Diese Einheit ist gleichfalls ein postuliertes Sein, sie ist nicht da; denn was da ist, ist das Bewußtsein, oder der Gegensatz der Sinnlichkeit und des reinen Bewußtseins. Sie ist aber zugleich nicht ein An-sich wie das erste Postulat, worin die freie Natur eine Seite ausmacht, und die Harmonie derselben mit dem moralischen Bewußtsein daher außer diesem fällt; sondern die Natur ist hier diejenige, welche an ihm selbst, und es ist hier um die Moralität als solche zu tun, um eine Harmonie, welche die eigne des tuenden Selbsts ist; das Bewußtsein hat sie daher selbst zustande zu bringen, und in der Moralität immer Fortschritte zu machen. Die Vollendung derselben aber ist ins Unendliche hinauszuschieben; denn wenn sie wirklich einträte, so höbe sich das moralische Bewußtsein auf. Denn die Moralität ist nur moralisches Bewußtsein als das negative Wesen, für dessen reine Pflicht die Sinnlichkeit nur eine negative Bedeutung, nur nicht gemäß ist. In der Harmonie aber verschwindet die Moralität als Bewußtsein oder ihre Wirklichkeit, wie in dem moralischen Bewußtsein oder der Wirklichkeit ihre Harmonie verschwindet. Die Vollendung ist darum nicht wirklich zu erreichen, sondern nur als eine absolute Aufgabe zu denken, das heißt als eine solche, welche schlechthin Aufgabe bleibt. Zugleich ist jedoch ihr Inhalt als ein solcher zu denken, der schlechthin sein müsse, und nicht Aufgabe bleibe; es sei nun, daß man sich in diesem Ziele das Bewußtsein ganz aufgehoben, oder auch nicht, vorstelle; wie es eigentlich damit zu halten, läßt sich in der dunkeln Ferne der Unendlichkeit, wohin eben deswegen die Erreichung des Ziels zu schieben ist, nicht mehr deutlich unterscheiden. Es wird eigentlich gesagt werden müssen, daß die bestimmte Vorstellung nicht interessieren und nicht gesucht werden soll, weil dies auf Widersprüche führt,—einer Aufgabe, die Aufgabe bleiben und doch erfüllt werden, einer Moralität, die nicht Bewußtsein, nicht wirklich mehr sein soll. Durch die Betrachtung aber, daß die vollendete Moralität einen Widerspruch enthielte, wurde die Heiligkeit der Moralischen Wesenheit leiden, und die absolute Pflicht als etwas Unwirkliches erscheinen.

Das erste Postulat war die Harmonie der Moralität und der gegenständlichen Natur, der Endzweck der Welt; das andere die Harmonie der Moralität und des sinnlichen Willens, der Endzweck des Selbstbewußtseins als solchen; das erste also die Harmonie in der Form des An-sich-, das andere in der Form des Für-sich-seins. Was aber diese beiden extremen Endzwecke, die gedacht sind, als Mitte verbindet, ist die Bewegung des wirklichen Handelns selbst. Sie sind Harmonien, deren Momente in ihrer abstrakten Unterschiedenheit noch nicht zum Gegenstande geworden; dies geschieht in der Wirklichkeit, worin die Seiten im eigentlichen Bewußtsein, jede als die andre der andern auftritt. Die hiedurch entstehenden Postulate enthalten, wie vorher nur die getrennten an sich und für sich seiende Harmonien, itzt an und für sich seiende.

Das moralische Bewußtsein ist als das einfache Wissen und Wollen der reinen Pflicht im Handeln auf den seiner Einfachheit entgegengesetzten Gegenstand—auf die Wirklichkeit des mannigfaltigen Falles bezogen, und hat dadurch ein mannigfaltiges moralisches Verhältnis. Es entstehen hier dem Inhalte nach die vielen Gesetze überhaupt, und der Form nach die widersprechenden Mächte des wissenden Bewußtseins und des Bewußtlosen.—Was fürs erste die vielen Pflichten betrifft, so gilt dem moralischen Bewußtsein überhaupt nur die reine Pflicht in ihnen; die vielen Pflichten als viele sind bestimmte und daher als solche für das moralische Bewußtsein nichts Heiliges. Zugleich aber durch den Begriff des Handelns, das eine mannigfaltige Wirklichkeit und daher eine mannigfaltige moralische Beziehung in sich schließt, notwendig, müssen sie als an und für sich seiend betrachtet werden. Da sie ferner nur in einem moralischen Bewußtsein sein können, sind sie zugleich in einem andern als jenem, dem nur die reine Pflicht als die reine an und für sich und heilig ist.

Es ist also postuliert, daß ein anderes Bewußtsein sei, welches sie heiligt, oder welches sie als Pflichten weiß und will. Das erste erhält die reine Pflicht gleichgültig gegen allen bestimmten Inhalt, und die Pflicht ist nur diese Gleichgültigkeit gegen ihn. Das andere aber enthält die ebenso wesentliche Beziehung auf das Handeln und die Notwendigkeit des bestimmten Inhalts; indem ihm die Pflichten als bestimmte Pflichten gelten, so ist ihm damit der Inhalt als solcher ebenso wesentlich als die Form, wodurch er Pflicht ist. Dies Bewußtsein ist hiedurch ein solches, worin das Allgemeine und das Besondere schlechthin eins ist, sein Begriff also derselbe als der Begriff der Harmonie der Moralität und Glückseligkeit. Denn dieser Gegensatz drückt ebenso die Trennung des sich selbst gleichen moralischen Bewußtseins von der Wirklichkeit aus, die als das vielfache Sein dem einfachen Wesen der Pflicht widerstreitet. Wenn aber das erste Postulat nur die seiende Harmonie der Moralität und der Natur ausdrückt, weil die Natur darin dies Negative des Selbstbewußtseins, das Moment des Seins ist, so ist hingegen itzt dies An-sich wesentlich als Bewußtsein gesetzt. Denn das Seiende hat nun die Form des Inhalts der Pflicht, oder ist die Bestimmtheit an der bestimmten Pflicht. Das An-sich ist also die Einheit solcher, welche als einfache Wesenheiten, Wesenheiten des Denkens, und daher nur in einem Bewußtsein sind. Dieses ist also nunmehr ein Herr und Beherrscher der Welt, der die Harmonie der Moralität und der Glückseligkeit hervorbringt, und zugleich die Pflichten als viele heiligt. Das letztere heißt soviel, daß dem Bewußtsein der reinen Pflicht die bestimmte nicht unmittelbar heilig sein kann; weil sie aber um des wirklichen Handelns, das ein bestimmtes ist, gleichfalls notwendig ist, so fällt ihre Notwendigkeit außer jenem Bewußtsein in ein anderes, das somit das vermittelnde der bestimmten und reinen Pflicht und der Grund ist, daß jene auch gilt.

In der wirklichen Handlung aber verhält sich das Bewußtsein als dieses Selbst, als ein vollkommen einzelnes; es ist auf die Wirklichkeit als solche gerichtet, und hat sie zum Zwecke; denn es will vollbringen. Es fällt also die Pflicht überhaupt außer es in ein anderes Wesen, das Bewußtsein und der heilige Gesetzgeber der reinen Pflicht ist. Dem handelnden, eben weil es handelndes ist, gilt das Andere der reinen Pflicht unmittelbar, diese ist also Inhalt eines andern Bewußtseins und nur mittelbar, nämlich in diesem, jenem heilig.

Weil es hiemit gesetzt ist, daß das Gelten der Pflicht als des an und für sich Heiligen außerhalb des wirklichen Bewußtseins fällt, so steht dieses hiedurch überhaupt als das unvollkommne moralische Bewußtsein auf der einen Seite. Sowohl seinem Wissen nach weiß es sich also als ein solches, dessen Wissen und Überzeugung unvollständig und zufällig ist; ebenso seinem Wollen nach als ein solches, dessen Zwecke mit Sinnlichkeit affiziert sind. Um seiner Unwürdigkeit willen kann es daher die Glückseligkeit nicht notwendig, sondern als etwas Zufälliges ansehen, und sie nur aus Gnade erwarten.

Ob aber schon seine Wirklichkeit unvollkommen ist, so gilt doch seinem reinen Willen und Wissen die Pflicht als das Wesen; im Begriffe, insofern er der Realität entgegengesetzt ist, oder im Denken ist es also vollkommen. Das absolute Wesen aber ist eben dies Gedachte und jenseits der Wirklichkeit Postulierte; es ist daher der Gedanke, in welchem das moralisch unvollkommne Wissen und Wollen für vollkommen gilt, hiemit auch, indem es dasselbe für vollwichtig nimmt, die Glückseligkeit nach der Würdigkeit, nämlich nach dem ihm zugeschriebenen Verdienst erteilt.

Die Weltanschauung ist hierin vollendet; denn in dem Begriffe des moralischen Selbstbewußtseins sind die beiden Seiten reine Pflicht und Wirklichkeit in einer Einheit gesetzt, und dadurch die eine wie andre nicht als an und für sich seiend, sondern als Moment oder als aufgehoben. Dies wird in dem letzten Teile der moralischen Weltanschauung für das Bewußtsein; die reine Pflicht nämlich setzt es in ein andres Wesen, als es selbst ist, d.h. es setzt sie teils als ein Vorgestelltes, teils als ein solches, das nicht das ist, was an und für sich gilt, sondern das Nichtmoralische gilt vielmehr als vollkommen. Ebenso sich selbst setzt es als ein solches, dessen Wirklichkeit, die der Pflicht unangemessen ist, aufgehoben, und, als aufgehobne oder in der Vorstellung des absoluten Wesens, der Moralität nicht mehr widerspricht.

Für das moralische Bewußtsein selbst hat jedoch seine moralische Weltanschauung nicht die Bedeutung, daß es in ihr seinen eignen Begriff entwickelt und ihn sich zum Gegenstande macht; es hat weder ein Bewußtsein über diesen Gegensatz der Form, noch auch über den Gegensatz dem Inhalte nach, dessen Teile es nicht untereinander bezieht und vergleicht, sondern in seiner Entwicklung sich, ohne der zusammenhaltende Begriff der Momente zu sein, fortwälzt. Denn es weiß nur das reine Wesen, oder den Gegenstand, insofern er Pflicht, insofern er abstrakter Gegenstand seines reinen Bewußtseins ist, als reines Wissen oder als sich selbst. Es verhält sich also nur denkend, nicht begreifend. Daher ist ihm der Gegenstand seines wirklichen Bewußtseins noch nicht durchsichtig; es ist nicht der absolute Begriff, der allein das Anderssein als solches, oder sein absolutes Gegenteil als sich selbst erfaßt. Seine eigne Wirklichkeit sowie alle gegenständliche Wirklichkeit gilt ihm zwar als das Unwesentliche; aber seine Freiheit ist die Freiheit des reinen Denkens, welcher darum zugleich die Natur gegenüber als ein ebenso Freies entstanden ist. Weil beides auf gleiche Weise in ihm ist, die Freiheit des Seins und das Eingeschlossensein desselben in das Bewußtsein, so wird sein Gegenstand als ein seiender, der zugleich nur gedacht; in dem letzten Teile seiner Anschauung wird der Inhalt wesentlich so gesetzt, daß sein Sein ein vorgestelltes ist, und diese Verbindung des Seins und des Denkens als das ausgesprochen, was sie in der Tat ist, das Vorstellen.

Indem wir die moralische Weltanschauung so betrachten, daß diese gegenständliche Weise nichts anderes ist als der Begriff des moralischen Selbstbewußtseins selbst, den es sich gegenständlich macht, so ergibt sich durch dies Bewußtsein über die Form ihres Ursprungs eine andere Gestalt ihrer Darstellung.—Das erste nämlich, wovon ausgegangen wird, ist das wirkliche moralische Selbstbewußtsein, oder daß es ein solches gibt. Denn der Begriff setzt es in der Bestimmung, daß ihm alle Wirklichkeit überhaupt Wesen nur insofern hat, als sie der Pflicht gemäß ist, und er setzt dies Wesen als Wissen, d.h. in unmittelbarer Einheit mit dem wirklichen Selbst; diese Einheit ist somit selbst wirklich, sie ist ein moralisches wirkliches Bewußtsein.—Dieses nun als Bewußtsein stellt sich seinen Inhalt als Gegenstand vor, nämlich als Endzweck der Welt, als Harmonie der Moralität und aller Wirklichkeit. Indem es aber diese Einheit als Gegenstand vorstellt, und noch nicht der Begriff ist, der die Macht über den Gegenstand als solchen hat, so ist sie ihm ein Negatives des Selbstbewußtseins, oder sie fällt außer ihm, als ein Jenseits seiner Wirklichkeit, aber zugleich als ein solches, das auch als seiend, aber nur gedacht wird.

Was ihm, das als Selbstbewußtsein ein anderes denn der Gegenstand ist, hiemit übrig bleibt, ist die Nichtharmonie des Pflichtbewußtseins und der Wirklichkeit, und zwar seiner eignen. Der Satz lautet hiemit itzt so: es gibt kein moralisch vollendetes wirkliches Selbstbewußtsein;—und da das Moralische überhaupt nur ist, insofern es vollendet ist, denn die Pflicht ist das reine unvermischte An-sich, und die Moralität besteht nur in der Angemessenheit zu diesem Reinen, so heißt der zweite Satz überhaupt so, daß es kein moralisch Wirkliches gibt.

Indem es aber drittens ein Selbst ist, so ist es an sich die Einheit der Pflicht und der Wirklichkeit; diese Einheit wird ihm also Gegenstand, als die vollendete Moralität,—aber als ein Jenseits seiner Wirklichkeit,—aber das doch wirklich sein soll.

In diesem Ziele der synthetischen Einheit der beiden ersten Sätze ist die selbstbewußte Wirklichkeit sowohl als die Pflicht nur als aufgehobnes Moment gesetzt; denn keines ist einzeln, aber sie, in deren wesentlichen Bestimmung ist, frei von dem andern zu sein, sind somit jedes in der Einheit nicht mehr frei von dem andern, also jedes aufgehoben, und somit werden sie dem Inhalt nach als solche Gegenstand, deren jedes für das andre gilt, und der Form nach, so daß diese Austauschung derselben zugleich nur vorgestellt ist. —Oder das wirklich nicht Moralische, weil es ebenso reines Denken und über seine Wirklichkeit erhaben ist, ist in der Vorstellung doch moralisch, und wird für vollgültig genommen. Es wird hiedurch der erste Satz, daß es ein moralisches Selbstbewußtsein gibt, hergestellt, aber verbunden mit dem zweiten, daß es keines gibt, nämlich es gibt eines, aber nur in der Vorstellung; oder es gibt zwar keines, aber es wird von einem andern doch dafür gelten gelassen.

b. Die Verstellung

In der moralischen Weltanschauung sehen wir einesteils das Bewußtsein selbst seinen Gegenstand mit Bewußtsein erzeugen; wir sehen es denselben weder als ein Fremdes vorfinden, noch auch ihn bewußtlos ihm werden, sondern es verfährt überall nach einem Grunde, aus welchem es das gegenständliche Wesen setzt; es weiß dasselbe also als sich selbst, denn es weiß sich als das tätige, das es erzeugt. Es scheint somit hier zu seiner Ruhe und Befriedigung zu kommen, denn diese kann es nur da finden, wo es über seinen Gegenstand nicht mehr hinauszugehen braucht, weil dieser nicht mehr über es hinausgeht. Auf der andern Seite aber setzt es selbst ihn vielmehr außer sich hinaus, als ein Jenseits seiner. Aber dies Anundfürsichseiende ist ebenso als ein solches gesetzt, das nicht frei vom Selbstbewußtsein, sondern zum Behuf des letztern und durch dasselbe sei.

Die moralische Weltanschauung ist daher in der Tat nichts anderes als die Ausbildung dieses zum Grunde liegenden Widerspruchs nach seinen verschiedenen Seiten; sie ist, um einen Kantischen Ausdruck hier, wo er am passendsten ist, zu gebrauchen, ein ganzes Nest gedankenloser Widersprüche. Das Bewußtsein verhält sich in dieser Entwicklung so, daß es ein Moment festsetzt, und von da unmittelbar zum andern übergeht, und das erste aufhebt; wie es aber nun dies zweite aufgestellt hat, verstellt es auch dasselbe wieder, und macht vielmehr das Gegenteil zum Wesen. Zugleich ist es sich seines Widerspruches und Verstellens auch bewußt, denn es geht von einem Momente unmittelbar in Beziehung auf dieses selbst zu dem entgegengesetzten über; weil ein Moment keine Realität für es hat, setzt es eben dasselbe als reell, oder, was dasselbe ist, um ein Moment als an sich seiend zu behaupten, behauptet es das entgegengesetzte als das ansichseiende. Es bekennt damit, daß es ihm in der Tat mit keinem derselben Ernst ist. Dies ist in den Momenten dieser schwindelnden Bewegung näher zu betrachten.

Lassen wir die Voraussetzung, daß es ein wirkliches moralisches Bewußtsein gibt, zuerst auf sich beruhen, weil sie unmittelbar nicht in Beziehung auf etwas Vorhergehendes gemacht wird, und wenden uns an die Harmonie der Moralität und der Natur, das erste Postulat. Sie soll an sich sein, nicht für das wirkliche Bewußtsein, nicht gegenwärtig, sondern die Gegenwart ist vielmehr nur der Widerspruch beider. In der Gegenwart ist die Moralität als vorhanden angenommen, und die Wirklichkeit so gestellt, daß sie nicht in Harmonie mit ihr sei. Das wirkliche moralische Bewußtsein aber ist ein handelndes; darin besteht eben die Wirklichkeit seiner Moralität. Im Handeln selbst aber ist jene Stellung unmittelbar verstellt; denn das Handeln ist nichts anderes als die Verwirklichung des innern moralischen Zwecks, nichts anderes, als die Hervorbringung einer durch den Zweck bestimmten Wirklichkeit, oder der Harmonie des moralischen Zwecks und der Wirklichkeit selbst. Zugleich ist die Vollbringung der Handlung für das Bewußtsein, sie ist die Gegenwart dieser Einheit der Wirklichkeit und des Zweckes; und weil in der vollbrachten Handlung das Bewußtsein sich als dieses Einzelne verwirklicht, oder das Dasein in es zurückgekehrt anschaut, und der Genuß hierin besteht, so ist in der Wirklichkeit des moralischen Zwecks zugleich auch diejenige Form derselben enthalten, welche Genuß und Glückseligkeit genannt wird.—Das Handeln erfüllt also in der Tat unmittelbar dasjenige, was nicht stattzufinden aufgestellt war, und nur ein Postulat, nur Jenseits sein sollte. Das Bewußtsein spricht es also durch die Tat aus, daß es mit dem Postulieren nicht Ernst ist, weil der Sinn des Handelns vielmehr dieser ist, das zur Gegenwart zu machen, was nicht in der Gegenwart sein sollte. Und indem um des Handelns willen die Harmonie postuliert wird—was nämlich durch das Handeln wirklich werden soll, muß an sich so sein, sonst wäre die Wirklichkeit nicht möglich—, so ist der Zusammenhang des Handelns und des Postulats so beschaffen, daß um des Handelns, d.h. um der wirklichen Harmonie des Zwecks und der Wirklichkeit willen diese Harmonie als nicht wirklich, als jenseits, gesetzt wird.

Indem gehandelt wird, ist es also mit der Unangemessenheit des Zwecks und der Wirklichkeit überhaupt nicht Ernst; dagegen scheint es mit dem Handeln selbst Ernst zu sein. Aber in der Tat ist die wirkliche Handlung nur Handlung des einzelnen Bewußtseins, also selbst nur etwas Einzelnes und das Werk zufällig. Der Zweck der Vernunft aber als der allgemeine, alles umfassende Zweck ist nichts Geringeres als die ganze Welt; ein Endzweck, der weit über den Inhalt dieser einzelnen Handlung hinausgeht, und daher überhaupt über alles wirkliche Handeln hinauszustellen ist. Weil das allgemeine Beste ausgeführt werden soll, wird nichts Gutes getan. In der Tat aber ist die Nichtigkeit des wirklichen Handelns, und die Realität nur des ganzen Zwecks, die itzt aufgestellt sind, nach allen Seiten auch wieder verstellt. Die moralische Handlung ist nicht etwas Zufälliges und Beschränktes, denn sie hat die reine Pflicht zu ihrem Wesen; diese macht den einzigen ganzen Zweck aus; und die Handlung also als Verwirklichung desselben ist bei aller sonstigen Beschränkung des Inhalts die Vollbringung des ganzen absoluten Zwecks. Oder wenn wieder die Wirklichkeit als Natur, die ihre eignen Gesetze hat und der reinen Pflicht entgegengesetzt ist, genommen wird, so daß also die Pflicht ihr Gesetz nicht in ihr realisieren kann, so ist es, indem die Pflicht als solche das Wesen ist, in der Tat nicht um die Vollbringung der reinen Pflicht, welche der ganze Zweck ist, zu tun; denn die Vollbringung hätte vielmehr nicht die reine Pflicht, sondern das ihr Entgegengesetzte, die Wirklichkeit, zum Zwecke. Aber daß es nicht um die Wirklichkeit zu tun sei, ist wieder verstellt; denn nach dem Begriffe des moralischen Handelns ist die reine Pflicht wesentlich tätiges Bewußtsein; es soll also allerdings gehandelt, die absolute Pflicht in der ganzen Natur ausgedrückt und das Moralgesetz Naturgesetz werden.

Lassen wir also dieses höchste Gut als das Wesen gelten, so ist es dem Bewußtsein mit der Moralität überhaupt nicht Ernst. Denn in diesem höchsten Gute hat die Natur nicht ein anderes Gesetz, als die Moralität hat. Somit fällt das moralische Handeln selbst hinweg, denn das Handeln ist nur unter der Voraussetzung eines Negativen, das durch die Handlung aufzuheben ist. Ist aber die Natur dem Sittengesetze gemäß, so würde ja dieses durch das Handeln, durch das Aufheben des Seienden verletzt.—Es wird also in jener Annahme als der wesentliche Zustand ein solcher eingestanden, worin das moralische Handeln überflüssig ist, und gar nicht stattfindet. Das Postulat der Harmonie der Moralität und der Wirklichkeit—einer Harmonie, die durch den Begriff des moralischen Handelns, beide in Übereinstimmung zu bringen, gesetzt ist—drückt sich also auch von dieser Seite so aus: weil das moralische Handeln der absolute Zweck ist, so ist der absolute Zweck, daß das moralische Handeln gar nicht vorhanden sei.

Stellen wir diese Momente, durch die das Bewußtsein sich in seinem moralischen Vorstellen fortwälzte, zusammen, so erhellt, daß es jedes wieder in seinem Gegenteile aufhebt. Es geht davon aus, daß für es die Moralität und Wirklichkeit nicht harmoniere, aber es ist ihm damit nicht Ernst, denn in der Handlung ist für es die Gegenwart dieser Harmonie. Es ist ihm aber auch mit diesem Handeln, da es etwas Einzelnes ist, nicht Ernst; denn es hat einen so hohen Zweck, das höchste Gut. Dies ist aber wieder nur eine Verstellung der Sache, denn darin fiele alles Handeln und alle Moralität hinweg. Oder es ist ihm eigentlich mit dem moralischen Handeln nicht Ernst, sondern das Wünschenswerteste, Absolute ist, daß das höchste Gut ausgeführt und das moralische Handeln überflüssig wäre.

Von diesem Resultate muß das Bewußtsein in seiner widersprechenden Bewegung sich weiter fortwälzen, und das Aufheben des moralischen Handelns notwendig wieder verstellen. Die Moralität ist das An-sich; daß sie statthabe, kann der Endzweck der Welt nicht ausgeführt sein, sondern das moralische Bewußtsein muß für sich sein, und eine ihm entgegengesetzte Natur vorfinden. Aber es an ihm selbst muß vollendet sein. Dies führt zum zweiten Postulate der Harmonie seiner und der Natur, welche an ihm unmittelbar ist, der Sinnlichkeit. Das moralische Selbstbewußtsein stellt seinen Zweck als rein, als von Neigungen und Trieben unabhängig auf, so daß er die Zwecke der Sinnlichkeit in sich vertilgt hat.—Allein diese aufgestellte Aufhebung des sinnlichen Wesens verstellt es wieder. Es handelt, bringt seinen Zweck zur Wirklichkeit, und die selbstbewußte Sinnlichkeit, welche aufgehoben sein soll, ist gerade diese Mitte zwischen dem reinen Bewußtsein und der Wirklichkeit,—sie ist das Werkzeug des erstern zu seiner Verwirklichung oder das Organ, und das, was Trieb, Neigung genannt wird. Es ist daher nicht Ernst mit dem Aufheben der Neigungen und Triebe, denn eben sie sind das sich verwirklichende Selbstbewußtsein. Aber sie sollen auch nicht unterdrückt, sondern der Vernunft nur gemäß sein. Sie sind ihr auch gemäß, denn das moralische Handeln ist nichts anderes als das sich verwirklichende, also sich die Gestalt eines Triebes gebende Bewußtsein, das heißt, es ist unmittelbar die gegenwärtige Harmonie des Triebs und der Moralität. Aber in der Tat ist der Trieb nicht nur diese leere Gestalt, die eine andere Feder, als er selbst ist, in sich haben und von ihr getrieben werden könnte. Denn die Sinnlichkeit ist eine Natur, die ihre eigenen Gesetze und Springfedern an ihr selbst hat; es kann der Moralität daher nicht Ernst damit sein, die Triebfeder der Triebe, der Neigungswinkel der Neigungen zu sein. Denn indem diese ihre eigne feste Bestimmtheit und eigentümlichen Inhalt haben, so wäre vielmehr das Bewußtsein, dem sie gemäß wären, ihnen gemäß; eine Gemäßheit, welche sich das moralische Selbstbewußtsein verbittet. Die Harmonie beider ist also nur an sich und postuliert.—In dem moralischen Handeln war soeben die gegenwärtige Harmonie der Moralität und der Sinnlichkeit aufgestellt, dies aber ist nun verstellt; sie ist jenseits des Bewußtseins in einer neblichten Ferne, worin nichts mehr genau zu unterscheiden noch zu begreifen ist; denn mit dem Begreifen dieser Einheit, das wir soeben versuchten, ging es nicht.—In diesem An-sich gibt aber überhaupt das Bewußtsein sich auf. Dieses An-sich ist seine moralische Vollendung, worin der Kampf der Moralität und der Sinnlichkeit aufgehört hat, und die letztere der erstern auf eine Weise gemäß ist, die nicht zu fassen ist.—Darum ist diese Vollendung wieder nur eine Verstellung der Sache, denn in der Tat gäbe in ihr vielmehr die Moralität selbst sich auf, denn sie ist nur Bewußtsein des absoluten Zwecks als des reinen, also im Gegensatze gegen alle andern Zwecke; sie ist ebenso die Tätigkeit dieses reinen Zwecks, als sie sich der Erhebung über die Sinnlichkeit, der Einmischung derselben und ihres Gegensatzes und Kampfes mit ihr bewußt ist.—Daß es mit der moralischen Vollendung nicht Ernst ist, spricht das Bewußtsein unmittelbar selbst darin aus, daß es sie in die Unendlichkeit hinaus verstellt, das heißt, sie als niemals vollendet behauptet.

Vielmehr ist ihm also nur dieser Zwischenzustand der Nichtvollendung das Gültige; ein Zustand, der aber doch ein Fortschreiten zur Vollendung wenigstens sein soll. Allein er kann auch dies nicht sein, denn das Fortschreiten in der Moralität wäre vielmehr ein Zugehen zum Untergang derselben. Das Ziel nämlich wäre das obige Nichts oder Aufheben der Moralität und des Bewußtseins selbst; dem Nichts aber immer näher und näher kommen, heißt abnehmen. Außerdem nähme Fortschreiten überhaupt ebenso wie Abnehmen Unterschiede der Größe in der Moralität an; allein von diesen kann in ihr keine Rede sein. In ihr als dem Bewußtsein, welchem der sittliche Zweck die reine Pflicht ist, ist an eine Verschiedenheit überhaupt nicht, am wenigsten an den oberflächlichen der Größe zu denken; es gibt nur eine Tugend, nur eine reine Pflicht, nur eine Moralität.

Indem es also mit der moralischen Vollendung nicht Ernst ist, sondern vielmehr mit dem Mittelzustande, d.h. wie soeben erörtert, mit der Nichtmoralität, so kommen wir von einer andern Seite auf den Inhalt des ersten Postulats zurück. Es ist nämlich nicht abzusehen, wie Glückseligkeit für dies moralische Bewußtsein um seiner Würdigkeit willen zu fodern ist. Es ist seiner Nichtvollendung sich bewußt, und kann daher die Glückseligkeit in der Tat nicht als Verdienst, nicht als etwas, dessen es würdig wäre, fodern, sondern sie nur aus einer freien Gnade, das heißt, die Glückseligkeit als solche an und für sich selbst verlangen, und nicht aus jenem absoluten Grunde, sondern nach Zufall und Willkür erwarten.—Die Nichtmoralität spricht eben hierin aus, was sie ist,—daß es nicht um die Moralität, sondern um die Glückseligkeit an und für sich ohne Beziehung auf jene zu tun ist.

Durch diese zweite Seite der moralischen Weltanschauung wird auch noch die andere Behauptung der erstern aufgehoben, worin die Disharmonie der Moralität und Glückseligkeit vorausgesetzt wird.—Es will nämlich die Erfahrung gemacht werden, daß es in dieser Gegenwart dem Moralischen oft schlecht, dem Unmoralischen hingegen oft glücklich gehe. Allein der Zwischenzustand der unvollendeten Moralität, der sich als das Wesentliche ergeben hat, zeigt offenbar, daß diese Wahrnehmung und seinsollende Erfahrung nur eine Verstellung der Sache ist. Denn da die Moralität unvollendet, das heißt, die Moralität in der Tat nicht ist, was kann an der Erfahrung sein, daß es ihr schlecht gehe?—Indem es zugleich herausgekommen, daß es um die Glückseligkeit an und für sich zu tun ist, so zeigt es sich, daß bei Beurteilung, es gehe dem Unmoralischen gut, nicht ein Unrecht gemeint war, das hier stattfinde. Die Bezeichnung eines Individuums als eines unmoralischen fällt, indem die Moralität überhaupt unvollendet ist, an sich hinweg, hat also nur einen willkürlichen Grund. Der Sinn und Inhalt des Urteils der Erfahrung ist dadurch allein dieser, daß einigen die Glückseligkeit an und für sich nicht zukommen sollte, das heißt, er ist Neid, der sich zum Deckmantel die Moralität nimmt. Der Grund aber, warum andern das sogenannte Glück zuteil werden sollte, ist die gute Freundschaft, die ihnen und sich selbst, diese Gnade, d.h. diesen Zufall gönnt und wünscht.

Die Moralität also im moralischen Bewußtsein ist unvollendet; dies ist es, was itzt aufgestellt wird, aber es ist ihr Wesen, nur das vollendete Reine zu sein; die unvollendete Moralität ist daher unrein, oder sie ist Immoralität. Die Moralität selbst ist also in einem andern Wesen als in dem wirklichen Bewußtsein; es ist ein heiliger moralischer Gesetzgeber.—Die im Bewußtsein unvollendete Moralität, welche der Grund dieses Postulierens ist, hat zunächst die Bedeutung, daß die Moralität, indem sie im Bewußtsein als wirklich gesetzt wird, in der Beziehung auf ein Anderes, auf ein Dasein steht, also selbst an ihr das Anderssein oder den Unterschied erhält, wodurch eine vielfache Menge von moralischen Geboten entsteht. Das moralische Selbstbewußtsein hält aber zugleich diese vielen Pflichten für unwesentlich; denn es ist nur um die eine reine Pflicht zu tun, und für es haben sie, insofern sie bestimmte sind, keine Wahrheit. Sie können ihre Wahrheit also nur in einem Andern haben, und sind, was sie für es nicht sind, heilig durch einen heiligen Gesetzgeber.—Allein dies ist selbst wieder nur eine Verstellung der Sache. Denn das moralische Selbstbewußtsein ist sich das Absolute, und Pflicht schlechthin nur das, was es als Pflicht weiß. Es weiß aber nur die reine Pflicht als Pflicht; was ihm nicht heilig ist, ist an sich nicht heilig, und was an sich nicht heilig ist, kann durch das heilige Wesen nicht geheiliget werden. Es ist dem moralischen Bewußtsein auch überhaupt damit nicht Ernst, etwas durch ein anderes Bewußtsein, als es selbst ist, heiligen zu lassen; denn es ist ihm schlechthin nur das heilig, was ihm durch sich selbst und in ihm heilig ist.—Es ist also ebensowenig damit Ernst, daß dies andere Wesen ein heiliges sei, denn in ihm sollte etwas zur Wesenheit gelangen, was für das moralische Bewußtsein, d.h. an sich keine Wesenheit hat.

Wenn das heilige Wesen postuliert wurde, daß in ihm die Pflicht nicht als reine Pflicht, sondern als eine Vielheit bestimmter Pflichten ihre Gültigkeit hätte, so muß also dieses wieder verstellt, und das andere Wesen allein insofern heilig sein, als in ihm nur die reine Pflicht Gültigkeit hat. Die reine Pflicht hat auch in der Tat Gültigkeit nur in einem andern Wesen, nicht in dem moralischen Bewußtsein. Obschon in ihm die reine Moralität allein zu gelten scheint, so muß doch dieses anders gestellt werden, denn es ist zugleich natürliches Bewußtsein. Die Moralität ist in ihm von der Sinnlichkeit affiziert und bedingt, also nicht an und für sich, sondern eine Zufälligkeit des freien Willens; in ihm aber als reinem Willen eine Zufälligkeit des Wissens; an und für sich ist die Moralität daher in einem andern Wesen.

Dieses Wesen ist also hier die rein vollendete Moralität darum, weil sie in ihm nicht in Beziehung auf Natur und Sinnlichkeit steht. Allein die Realität der reinen Pflicht ist ihre Verwirklichung in Natur und Sinnlichkeit. Das moralische Bewußtsein setzt seine Unvollkommenheit darein, daß in ihm die Moralität eine positive Beziehung auf die Natur und Sinnlichkeit hat, da ihm dies für ein wesentliches Moment derselben gilt, daß sie schlechthin nur eine negative Beziehung darauf habe. Das reine moralische Wesen dagegen, weil es erhaben über den Kampf mit der Natur und Sinnlichkeit ist, steht nicht in einer negativen Beziehung darauf. Es bleibt ihm also in der Tat nur die positive Beziehung darauf übrig, d.h. eben dasjenige, was soeben als das Unvollendete, als das Unmoralische galt. Die reine Moralität aber ganz getrennt von der Wirklichkeit, so daß sie ebensosehr ohne positive Beziehung auf diese wäre, wäre eine bewußtlose, unwirkliche Abstraktion, worin der Begriff der Moralität, Denken der reinen Pflicht und ein Willen und Tun zu sein, schlechthin aufgehoben wäre. Dieses so rein moralische Wesen ist daher wieder eine Verstellung der Sache, und aufzugeben.

In diesem rein moralischen Wesen aber nähern sich die Momente des Widerspruchs, in welchem dies synthetische Vorstellen sich herumtreibt, und die entgegengesetzten Auchs, die es, ohne diese seine Gedanken zusammenzubringen, aufeinander folgen und ein Gegenteil immer durch das andere ablösen läßt, so sehr, daß das Bewußtsein hier seine moralische Weltanschauung aufgeben und in sich zurückfliehen muß.

Es erkennt seine Moralität darum als nicht vollendet, weil es von einer ihr entgegengesetzten Sinnlichkeit und Natur affiziert ist, welche teils die Moralität selbst als solche trübt, teils eine Menge von Pflichten entstehen macht, durch die es im konkreten Falle des wirklichen Handeln in Verlegenheit gerät; denn jeder Fall ist die Konkretion vieler moralischen Beziehungen, wie ein Gegenstand der Wahrnehmung überhaupt ein Ding von vielen Eigenschaften ist; und indem die bestimmte Pflicht Zweck ist, hat sie einen Inhalt, und ihr Inhalt ist ein Teil des Zwecks, und die Moralität nicht rein. —Diese hat also in einem andern Wesen ihre Realität. Aber diese Realität heißt nichts anderes, als daß die Moralität hier an und für sich sei,—für sich, d.h. Moralität eines Bewußtseins sei, an sich, das heißt, Dasein und Wirklichkeit habe.—In jenem ersten unvollendeten Bewußtsein ist die Moralität nicht ausgeführt; sie ist darin das An-sich im Sinne eines Gedankendinges; denn sie ist mit Natur und Sinnlichkeit, mit der Wirklichkeit des Seins und des Bewußtseins vergesellschaftet, die ihren Inhalt ausmacht, und Natur und Sinnlichkeit ist das moralisch Nichtige.—In dem zweiten ist die Moralität als vollendet, und nicht als ein unausgeführtes Gedankending vorhanden. Aber diese Vollendung besteht eben darin, daß die Moralität in einem Bewußtsein Wirklichkeit, sowie freie Wirklichkeit, Dasein überhaupt hat, nicht das Leere, sondern erfüllte Inhaltsvolle ist;—das heißt, die Vollendung der Moralität wird darin gesetzt, daß das, was soeben als das moralisch Nichtige bestimmt wurde, in ihr und an ihr vorhanden ist. Sie soll das einemal schlechthin nur als das unwirkliche Gedankending der reinen Abstraktion Gültigkeit, aber ebensowohl in dieser Weise keine Gültigkeit haben; ihre Wahrheit soll darin bestehen, der Wirklichkeit entgegengesetzt und von ihr ganz frei und leer, und wieder darin, Wirklichkeit zu sein.

Der Synkretismus dieser Widersprüche, der in der moralischen Weltanschauung auseinandergelegt ist, fällt in sich zusammen, indem der Unterschied, worauf er beruht, von solchem, das notwendig gedacht und gesetzt werden müsse, und doch zugleich unwesentlich sei, zu einem Unterschiede wird, der nicht einmal mehr in den Worten liegt. Was am Ende als ein Verschiedenes gesetzt wird, sowohl als das Nichtige wie als das Reelle, ist ein und eben dasselbe, das Dasein und die Wirklichkeit; und was absolut nur als das Jenseits des wirklichen Seins und Bewußtseins, und ebensowohl nur in ihm und als ein jenseits das Nichtige sein soll, ist die reine Pflicht, und das Wissen derselben als des Wesens. Das Bewußtsein, das diesen Unterschied macht, der keiner ist, die Wirklichkeit für das Nichtige und das Reale zugleich, die reine Moralität ebenso für das wahre Wesen sowie für das Wesenlose aussagt, spricht die Gedanken, die es vorher trennte, zusammen aus, spricht es selbst aus, daß es ihm mit dieser Bestimmung und der Auseinanderstellung der Momente des Selbsts und des An-sichs nicht Ernst ist, sondern daß es das, was es als das absolute außer dem Bewußtsein Seiende aussagt, vielmehr in dem Selbst des Selbstbewußtseins eingeschlossen behält, und was es als das absolut Gedachte oder das absolute An-sich aussagt, eben darum für ein nicht Wahrheit Habendes nimmt.—Es wird für das Bewußtsein, daß das Auseinanderstellen dieser Momente eine Verstellung ist, und es wäre Heuchelei, wenn es sie doch beibehielte. Aber als moralisches reines Selbstbewußtsein flieht es aus dieser Ungleichheit seines Vorstellens mit dem, was sein Wesen ist, aus dieser Unwahrheit, welche das für wahr aussagt, was ihm für unwahr gilt, mit Abscheu in sich zurück. Es ist reines Gewissen, welches eine solche moralische Weltvorstellung verschmäht; es ist in sich selbst der einfache seiner gewisse Geist, der ohne die Vermittlung jener Vorstellungen unmittelbar gewissenhaft handelt, und in dieser Unmittelbarkeit seine Wahrheit hat.—Wenn aber diese Welt der Verstellung nichts anders als die Entwicklung des moralischen Selbstbewußtseins in seinen Momenten, und hiemit seine Realität ist, so wird es durch sein Zurückgehen in sich seinem Wesen nach nichts anderes werden; sein Zurückgehen in sich ist vielmehr nur das erlangte Bewußtsein, daß seine Wahrheit eine vorgegebene ist. Es müßte sie noch immer für seine Wahrheit ausgeben, denn es müßte sich als gegenständliche Vorstellung aussprechen und darstellen, aber wüßte, daß dies nur eine Verstellung ist; er wäre hiemit in der Tat die Heuchelei, und jenes Verschmähen jener Verstellung schon die erste Äußerung der Heuchelei.

c. Das Gewissen,die schöne Seele,das Böse und seine Verzeihung

Die Antinomie der moralischen Weltanschauung, daß es ein moralisches Bewußtsein gibt, und daß es keines gibt,—oder daß das Gelten der Pflicht ein Jenseits des Bewußtseins ist, und umgekehrt nur in ihm stattfindet, war in die Vorstellung zusammengefaßt worden, worin das nichtmoralische Bewußtsein für moralisch gelte, sein zufälliges Wissen und Wollen für vollwichtig angenommen, und die Glückseligkeit ihm aus Gnade zuteil werde. Diese sich selbst widersprechende Vorstellung nahm das moralische Selbstbewußtsein nicht über sich, sondern verlegte sie in ein ihm andres Wesen. Aber dies Hinaussetzen dessen, was es als notwendig denken muß, außer sich selbst ist ebenso der Widerspruch der Form nach, wie jener es dem Inhalte nach ist. Weil aber an sich eben das, was als widersprechend erscheint, und in dessen Trennung und Wiederauflösung die moralische Weltanschauung sich herumtreibt, dasselbe ist, die reine Pflicht nämlich als das reine Wissen, nichts anders als das Selbst des Bewußtseins, und das Selbst des Bewußtseins das Sein und Wirklichkeit,—ebenso was jenseits des wirklichen Bewußtseins sein soll, nicht anders als das reine Denken, also in der Tat das Selbst ist, so geht für uns oder an sich das Selbstbewußtsein in sich zurück, und weiß dasjenige Wesen als sich selbst, worin das Wirkliche zugleich reines Wissen und reine Pflicht ist. Es selbst ist sich das in seiner Zufälligkeit vollgültige, das seine unmittelbare Einzelnheit als das reine Wissen und Handeln, als die wahre Wirklichkeit und Harmonie weiß.

Dies Selbst des Gewissens, der seiner unmittelbar als der absoluten Wahrheit und des Seins gewisse Geist, ist das dritte Selbst, das uns aus der dritten Welt des Geistes geworden ist, und ist mit den vorherigen kurz zu vergleichen. Die Totalität oder Wirklichkeit, welche sich als die Wahrheit der sittlichen Welt darstellt, ist das Selbst der Person; ihr Dasein ist das Anerkanntsein. Wie die Person das substanzleere Selbst ist, so ist dies ihr Dasein ebenso die abstrakte Wirklichkeit; die Person gilt, und zwar unmittelbar; das Selbst ist der in dem Elemente seines Seins unmittelbar ruhende Punkt; er ist ohne die Abtrennung von seiner Allgemeinheit, beide daher nicht in Bewegung und Beziehung aufeinander, das Allgemeine ist ohne Unterscheidung in ihm, und weder Inhalt des Selbsts, noch ist das Selbst durch sich selbst erfüllt.—Das zweite Selbst ist die zu ihrer Wahrheit gekommne Welt der Bildung oder der sich wiedergegebne Geist der Entzweiung—die absolute Freiheit. In diesem Selbst tritt jene erste unmittelbare Einheit der Einzelnheit und Allgemeinheit auseinander; das Allgemeine, das ebenso rein geistiges Wesen, Anerkanntsein oder allgemeiner Willen und Wissen bleibt, ist Gegenstand und Inhalt des Selbsts und seine allgemeine Wirklichkeit. Aber es hat nicht die Form des vom Selbst freien Daseins; es kommt in diesem Selbst daher zu keiner Erfüllung und zu keinem positiven Inhalt, zu keiner Welt. Das moralische Selbstbewußtsein läßt seine Allgemeinheit zwar frei, so daß sie eine eigne Natur wird, und ebenso hält es sie in sich als aufgehoben fest. Aber es ist nur das verstellende Spiel der Abwechslung dieser beiden Bestimmungen. Als Gewissen erst hat es in seiner Selbstgewißheit den Inhalt für die vorhin leere Pflicht sowie für das leere Recht und den leeren allgemeinen Willen; und weil diese Selbstgewißheit ebenso das Unmittelbare ist, das Dasein selbst.

Zu dieser seiner Wahrheit gelangt, verläßt also oder hebt das moralische Selbstbewußtsein vielmehr die Trennung in sich selbst auf, woraus die Verstellung entsprungen, die Trennung des An-sich und des Selbsts, der reinen Pflicht als des reinen Zwecks, und der Wirklichkeit als einer dem reinen Zwecke entgegengesetzten Natur und Sinnlichkeit. Es ist so in sich zurückgekehrt, konkreter moralischer Geist, der nicht am Bewußtsein der reinen Pflicht sich einen leeren Maßstab gibt, welcher dem wirklichen Bewußtsein entgegengesetzt wäre, sondern die reine Pflicht ebenso wie die ihr entgegengesetzte Natur sind aufgehobne Momente; er ist in unmittelbarer Einheit sich verwirklichendes moralisches Wesen, und die Handlung unmittelbar konkrete moralische Gestalt.

Es ist ein Fall des Handelns vorhanden; er ist eine gegenständliche Wirklichkeit für das wissende Bewußtsein. Dieses als Gewissen weiß ihn auf unmittelbare konkrete Weise, und er ist zugleich nur, wie es ihn weiß. Zufällig ist das Wissen, insofern es ein anderes ist als der Gegenstand; der seiner selbst gewisse Geist aber ist nicht mehr ein solches zufälliges Wissen und Erschaffen von Gedanken in sich, von denen die Wirklichkeit verschieden wäre, sondern indem die Trennung des An-sich und des Selbsts aufgehoben ist, so ist der Fall unmittelbar in der sinnlichen Gewißheit des Wissens, wie er an sich ist, und er ist nur so an sich, wie er in diesem Wissen ist.—Das Handeln als die Verwirklichung ist hiedurch die reine Form des Willens; die bloße Umkehrung der Wirklichkeit als eines seienden Falles, in eine getane Wirklichkeit, der bloßen Weise des gegenständlichen Wissens in die Weise des Wissens von der Wirklichkeit als einem vom Bewußtsein Hervorgebrachten. Wie die sinnliche Gewißheit unmittelbar in das An-sich des Geistes aufgenommen oder vielmehr umgekehrt ist, so ist auch diese Umkehrung einfach und unvermittelt, ein Übergang durch den reinen Begriff ohne Änderung des Inhalts, der durch das Interesse des von ihm wissenden Bewußtseins bestimmt ist.—Das Gewissen sondert ferner die Umstände des Falles nicht in verschiedene Pflichten ab. Es verhält sich nicht als positives allgemeines Medium, worin die vielen Pflichten, jede für sich, unverrückte Substantialität erhielten, so daß entweder gar nicht gehandelt werden könnte, weil jeder konkrete Fall die Entgegensetzung überhaupt, und als moralischer Fall die Entgegensetzung der Pflichten enthält, in der Bestimmung des Handelns also eine Seite, eine Pflicht immer verletzt würde;—oder daß, wenn gehandelt wird, die Verletzung einer der entgegengesetzten Pflichten wirklich einträte. Das Gewissen ist vielmehr das negative Eins oder absolute Selbst, welches diese verschiedenen moralischen Substanzen vertilgt; es ist einfaches pflichtmäßiges Handeln, das nicht diese oder jene Pflicht erfüllt, sondern das konkrete Rechte weiß und tut. Es ist daher überhaupt erst das moralische Handeln als Handeln, worein das vorhergehende tatlose Bewußtsein der Moralität übergegangen ist.—Die konkrete Gestalt der Tat mag vom unterscheidenden Bewußtsein in verschiedene Eigenschaften, d.h. hier in verschiedene moralische Beziehungen analysiert, und diese entweder jede, wie es sein muß, wenn sie Pflicht sein soll, für absolut geltend ausgesagt, oder auch verglichen und geprüft werden. In der einfachen moralischen Handlung des Gewissens sind die Pflichten so verschüttet, daß allen diesen einzelnen Wesen unmittelbar Abbruch getan wird, und das prüfende Rütteln an der Pflicht in der unwankenden Gewißheit des Gewissens gar nicht stattfindet.

Ebensowenig ist im Gewissen jene hin- und hergehende Ungewißheit des Bewußtseins vorhanden, welches bald die sogenannte reine Moralität außer sich in ein anderes heiliges Wesen setzt, und sich selbst als das unheilige gilt, bald aber auch wieder die moralische Reinheit in sich, und die Verknüpfung des Sinnlichen mit dem Moralischen in das andere Wesen setzt.

Es entsagt allen diesen Stellungen und Verstellungen der moralischen Weltanschauung, indem es dem Bewußtsein entsagt, das die Pflicht und die Wirklichkeit als widersprechend faßt. Nach diesem letztern handle ich moralisch, indem ich mir bewußt bin, nur die reine Pflicht zu vollbringen, nicht irgend etwas anders, dies heißt in der Tat, indem ich nicht handle. Indem ich aber wirklich handle, bin ich mir eines Andern, einer Wirklichkeit, die vorhanden ist, und einer, die ich hervorbringen will, bewußt, habe einen bestimmten Zweck und erfülle eine bestimmte Pflicht; es ist was anderes darin als die reine Pflicht, die allein beabsichtiget werden sollte.—Das Gewissen ist dagegen das Bewußtsein darüber, daß, wenn das moralische Bewußtsein die reine Pflicht als das Wesen seines Handelns aussagt, dieser reine Zweck eine Verstellung der Sache ist; denn die Sache selbst ist, daß die reine Pflicht in der leeren Abstraktion des reinen Denkens besteht, und ihre Realität und Inhalt nur an einer bestimmten Wirklichkeit hat, einer Wirklichkeit, welche Wirklichkeit des Bewußtseins selbst, und desselben nicht als eines Gedankendings, sondern als eines Einzelnen ist. Das Gewissen hat für sich selbst seine Wahrheit an der unmittelbaren Gewißheit seiner selbst. Diese unmittelbare konkrete Gewißheit seiner selbst ist das Wesen; sie nach dem Gegensatze des Bewußtseins betrachtet, so ist die eigne unmittelbare Einzelnheit der Inhalt des moralischen Tuns; und die Form desselben ist eben dieses Selbst als reine Bewegung, nämlich als das Wissen oder die eigne Überzeugung.

Dies in seiner Einheit und in der Bedeutung der Momente näher betrachtet, so erfaßte das moralische Bewußtsein sich nur als das An-sich oder Wesen; als Gewissen aber erfaßt es sein Für-sich-sein oder sein Selbst.—Der Widerspruch der moralischen Weltanschauung löst sich auf, d.h. der Unterschied, der ihm zugrunde liegt, zeigt sich, kein Unterschied zu sein, und er läuft in die reine Negativität zusammen; diese aber ist eben das Selbst; ein einfaches Selbst, welches ebensowohl reines Wissen als Wissen seiner als dieses einzelnen Bewußtseins ist. Dies Selbst macht daher den Inhalt des vorher leeren Wesens aus, denn es ist das wirkliche, welches nicht mehr die Bedeutung hat, eine dem Wesen fremde und in eignen Gesetzen selbstständige Natur zu sein. Es ist als das Negative der Unterschied des reinen Wesens, ein Inhalt, und zwar ein solcher, welcher an und für sich gilt.

Ferner ist dies Selbst als reines sich selbst gleiches Wissen das schlechthin Allgemeine, so daß eben dies Wissen als sein eignes Wissen, als Überzeugung die Pflicht ist. Die Pflicht ist nicht mehr das dem Selbst gegenübertretende Allgemeine, sondern ist gewußt, in dieser Getrenntheit kein Gelten zu haben; es ist itzt das Gesetz, das um des Selbsts willen, nicht um dessen willen das Selbst ist. Das Gesetz und die Pflicht hat aber darum nicht allein die Bedeutung des Für-sich-seins, sondern auch des An-sich-seins, denn dies Wissen ist um seiner Sichselbstgleichheit willen eben das An-sich. Dies An-sich trennt sich auch im Bewußtsein von jener unmittelbaren Einheit mit dem Für-sich-sein; so gegenübertretend ist es Sein, Sein für Anderes.—Die Pflicht eben wird itzt als Pflicht, die vom Selbst verlassen ist, gewußt, nur Moment zu sein, sie ist von ihrer Bedeutung, absolutes Wesen zu sein, zum Sein, das nicht Selbst, nicht für sich ist, herabgesunken und also Sein für anderes. Aber dies Sein für anderes bleibt ebendarum wesentliches Moment, weil das Selbst als Bewußtsein den Gegensatz des Für-sich-seins und des Seins für anderes ausmacht, und itzt die Pflicht an ihr unmittelbar wirkliches, nicht mehr bloß das abstrakte reine Bewußtsein ist.

Dies Sein für anderes ist also die ansichseiende vom Selbst unterschiedne Substanz. Das Gewissen hat die reine Pflicht oder das abstrakte An-sich nicht aufgegeben, sondern sie ist das wesentliche Moment, als Allgemeinheit sich zu andern zu verhalten. Es ist das gemeinschaftliche Element der Selbstbewußtsein, und dieses die Substanz, worin die Tat Bestehen und Wirklichkeit hat; das Moment des Anerkanntwerdens von den andern. Das moralische Selbstbewußtsein hat dies Moment des Anerkanntseins, des reinen Bewußtseins, welches da ist, nicht; und ist dadurch überhaupt nicht handelndes, nicht verwirklichendes. Sein An-sich ist ihm entweder das abstrakte unwirkliche Wesen oder das Sein als eine Wirklichkeit, welche nicht geistig ist. Die seiende Wirklichkeit des Gewissens aber ist eine solche, welche Selbst ist, d.h. das seiner bewußte Dasein das geistige Element des Anerkanntwerdens. Das Tun ist daher nur das Übersetzen seines einzelnen Inhalts in das gegenständliche Element, worin er allgemein und anerkannt ist, und eben dies, daß er anerkannt ist, macht die Handlung zur Wirklichkeit. Anerkannt und dadurch wirklich ist die Handlung, weil die daseiende Wirklichkeit unmittelbar mit der Überzeugung oder dem Wissen verknüpft, oder das Wissen von seinem Zwecke unmittelbar das Element des Daseins, das allgemeine Anerkennen ist. Denn das Wesen der Handlung, die Pflicht besteht in der Überzeugung des Gewissens von ihr; diese Überzeugung ist eben das An-sich selbst; es ist das an sich allgemeine Selbstbewußtsein, oder das Anerkanntsein und hiemit die Wirklichkeit. Das mit der Überzeugung von der Pflicht Getane ist also unmittelbar ein solches, das Bestand und Dasein hat. Es ist also da keine Rede mehr davon, daß die gute Absicht nicht zustande komme, oder daß es dem Guten schlecht geht; sondern das als Pflicht Gewußte vollführt sich und kommt zur Wirklichkeit, weil eben das Pflichtmäßige das Allgemeine aller Selbstbewußtsein, das Anerkannte und also Seiende ist. Getrennt und allein genommen, ohne den Inhalt des Selbsts aber ist diese Pflicht das Sein für anderes, das Durchsichtige, das nur die Bedeutung gehaltloser Wesenheit überhaupt hat.

Sehen wir auf die Sphäre zurück, mit der überhaupt die geistige Realität eintrat, so war es der Begriff, daß das Aussprechen der Individualität das An- und Für-sich sei. Aber die Gestalt, welche diesen Begriff unmittelbar ausdrückte, war das ehrliche Bewußtsein, das sich mit der abstrakten Sache selbst herumtrieb. Diese Sache selbst war dort Prädikat; im Gewissen aber erst ist sie Subjekt, das alle Momente des Bewußtseins an ihm gesetzt hat, und für welches alle diese Momente, Substantialität überhaupt, äußeres Dasein und Wesen des Denkens, in dieser Gewißheit seiner selbst enthalten sind. Substantialität überhaupt hat die Sache selbst in der Sittlichkeit, äußeres Dasein in der Bildung, sich selbstwissende Wesenheit des Denkens in der Moralität, und im Gewissen ist sie das Subjekt, das diese Momente an ihm selbst weiß. Wenn das ehrliche Bewußtsein nur immer die leere Sache selbst ergreift, so gewinnt dagegen das Gewissen sie in ihrer Erfüllung, die es ihr durch sich gibt. Es ist diese Macht dadurch, daß es die Momente des Bewußtseins als Momente weiß, und als ihr negatives Wesen sie beherrscht.

Das Gewissen in Beziehung auf die einzelnen Bestimmungen des Gegensatzes, der am Handeln erscheint, und sein Bewußtsein über die Natur derselben betrachtet, so verhält es sich zuerst als Wissendes zur Wirklichkeit des Falles, worin zu handeln ist. Insofern das Moment der Allgemeinheit an diesem Wissen ist, gehört zum Wissen des gewissenhaften Handelns, die vorliegende Wirklichkeit auf uneingeschränkte Weise zu umfassen, und also die Umstände des Falles genau zu wissen und in Erwägung zu ziehen. Dies Wissen aber, da es die Allgemeinheit als ein Moment kennt, ist daher ein solches Wissen von diesen Umständen, das sich bewußt ist, sie nicht zu umfassen oder darin nicht gewissenhaft zu sein. Die wahrhaft allgemeine und reine Beziehung des Wissens wäre eine Beziehung auf ein nicht Entgegengesetztes, auf sich selbst; aber das Handeln durch den Gegensatz, der in ihm wesentlich ist, bezieht sich auf ein Negatives des Bewußtseins, auf eine an sich seiende Wirklichkeit. Gegen die Einfachheit des reinen Bewußtseins, das absolut Andere, oder die Mannigfaltigkeit an sich, ist sie eine absolute Vielheit der Umstände, die sich rückwärts in ihre Bedingungen, seitwärts in ihrem Nebeneinander, vorwärts in ihren Folgen unendlich teilt und ausbreitet.—Das gewissenhafte Bewußtsein ist dieser Natur der Sache und seines Verhältnisses zu ihr bewußt, und weiß, daß es den Fall, in dem es handelt, nicht nach dieser gefoderten Allgemeinheit kennt, und daß sein Vorgeben dieser gewissenhaften Erwägung aller Umstände nichtig ist. Diese Kenntnis und Erwägung aller Umstände aber ist nicht gar nicht vorhanden; allein nur als Moment, als etwas, das nur für andere ist; und sein unvollständiges Wissen, weil es sein Wissen ist, gilt ihm als hinreichendes vollkommenes Wissen.

Auf gleiche Weise verhält es sich mit der Allgemeinheit des Wesens, oder der Bestimmung des Inhalts durchs reine Bewußtsein.—Das zum Handeln schreitende Gewissen bezieht sich auf die vielen Seiten des Falles. Dieser schlägt sich auseinander, und ebenso die Beziehung des reinen Bewußtseins auf ihn, wodurch die Mannigfaltigkeit des Falles eine Mannigfaltigkeit von Pflichten ist.—Das Gewissen weiß, daß es unter ihnen zu wählen und zu entscheiden hat; denn keine ist in ihrer Bestimmtheit oder in ihrem Inhalte absolut, sondern nur die reine Pflicht. Aber dies Abstraktum hat in seiner Realität die Bedeutung des selbstbewußten Ich erlangt. Der seiner selbst gewisse Geist ruht als Gewissen in sich, und seine reale Allgemeinheit oder seine Pflicht liegt in seiner reinen Überzeugung von der Pflicht. Diese reine Überzeugung ist als solche so leer als die reine Pflicht, rein in dem Sinne, daß nichts in ihr, kein bestimmter Inhalt Pflicht ist. Es soll aber gehandelt, es muß von dem Individuum bestimmt werden; und der seiner selbst gewisse Geist, in dem das An-sich die Bedeutung des selbstbewußten Ich erlangt hat, weiß diese Bestimmung und Inhalt in der unmittelbaren Gewißheit seiner selbst zu haben. Diese ist als Bestimmung und Inhalt das natürliche Bewußtsein, das heißt die Triebe und Neigungen.—Das Gewissen erkennt keinen Inhalt für es als absolut, denn es ist absolute Negativität alles Bestimmten. Es bestimmt aus sich selbst; der Kreis des Selbsts aber, worein die Bestimmtheit als solche fällt, ist die sogenannte Sinnlichkeit; einen Inhalt aus der unmittelbaren Gewißheit seiner selbst zu haben, findet sich nichts bei der Hand als sie.—Alles, was in frühern Gestalten, als Gut oder Schlecht, als Gesetz und Recht sich darstellte, ist ein Anderes als die unmittelbare Gewißheit seiner selbst; es ist ein Allgemeines, das jetzt ein Sein für anderes ist; oder anders betrachtet, ein Gegenstand, welcher, das Bewußtsein mit sich selbst vermittelnd, zwischen es und seine eigene Wahrheit tritt und es vielmehr von sich absondert, als daß er seine Unmittelbarkeit wäre.—Dem Gewissen aber ist die Gewißheit seiner selbst die reine unmittelbare Wahrheit; und diese Wahrheit ist also seine als Inhalt vorgestellte unmittelbare Gewißheit seiner selbst, das heißt, überhaupt die Willkür des Einzelnen und die Zufälligkeit seines bewußtlosen natürlichen Seins.

Dieser Inhalt gilt zugleich als moralische Wesenheit oder als Pflicht. Denn die reine Pflicht ist, wie schon bei dem Prüfen der Gesetze sich ergab, schlechthin gleichgültig gegen jeden Inhalt, und verträgt jeden Inhalt. Hier hat sie zugleich die wesentliche Form des Für-sich-seins, und diese Form der individuellen Überzeugung ist nichts anderes als das Bewußtsein von der Leerheit der reinen Pflicht, und davon, daß sie nur Moment, daß seine Substantialität ein Prädikat ist, welches sein Subjekt an dem Individuum hat, dessen Willkür ihr den Inhalt gibt, jeden an diese Form knüpfen, und seine Gewissenhaftigkeit an ihn heften kann.—Ein Individuum vermehrt sein Eigentum auf eine gewisse Weise; es ist Pflicht, daß jedes für die Erhaltung seiner selbst wie auch seiner Familie, nicht weniger für die Möglichkeit sorgt, seinen Nebenmenschen nützlich zu werden und Hülfsbedürftigen Gutes zu tun. Das Individuum ist sich bewußt, daß dies Pflicht ist, denn dieser Inhalt ist unmittelbar in der Gewißheit seiner selbst enthalten; es sieht ferner ein, daß es diese Pflicht in diesem Falle erfüllt. Andere halten vielleicht diese gewisse Weise für Betrug; sie halten sich an andere Seiten des konkreten Falles, es aber hält diese Seite dadurch fest, daß es sich der Vermehrung des Eigentums als reiner Pflicht bewußt ist.—So erfüllt das, was andere Gewalttätigkeit und Unrecht nennen, die Pflicht, gegen andere seine Selbstständigkeit zu behaupten, was sie Feigheit nennen,—die Pflicht, sich das Leben und die Möglichkeit der Nützlichkeit für die Nebenmenschen zu erhalten; was sie aber die Tapferkeit nennen, verletzt vielmehr beide Pflichten. Die Feigheit darf aber nicht so ungeschickt sein, nicht zu wissen, daß die Erhaltung des Lebens und der Möglichkeit, andern nützlich zu sein, Pflichten sind, nicht von der Pflichtmäßigkeit ihres Handelns überzeugt zu sein und nicht zu wissen, daß in dem Wissen das Pflichtmäßige besteht; sonst beginge sie die Ungeschicklichkeit, unmoralisch zu sein. Da die Moralität in dem Bewußtsein, die Pflicht erfüllt zu haben, liegt, so wird dem Handeln, das Feigheit, ebensowenig als dem, das Tapferkeit genannt wird, dies nicht fehlen; das Abstraktum, das Pflicht heißt, ist wie jedes, so auch dieses Inhalts fähig, es weiß also, was es tut, als Pflicht, und indem es dies weiß und die Überzeugung von der Pflicht das Pflichtmäßige selbst ist, so ist es anerkannt von den andern; die Handlung gilt dadurch und hat wirkliches Dasein.

Gegen diese Freiheit, die jeden beliebigen Inhalt in das allgemeine passive Medium der reinen Pflicht und Wissens einlegt, so gut als einen andern, hilft es nichts, zu behaupten, daß ein anderer Inhalt eingelegt werden sollte; denn welcher es sei, jeder hat den Makel der Bestimmtheit an ihm, von der das reine Wissen frei ist, die es verschmähen, ebenso wie es jede aufnehmen kann. Aller Inhalt steht darin, daß er ein bestimmter ist, auf gleicher Linie mit dem andern, wenn er auch gerade den Charakter zu haben scheint, daß in ihm das Besondere aufgehoben sei. Es kann scheinen, daß indem an dem wirklichen Falle die Pflicht sich überhaupt in den Gegensatz und dadurch den der Einzelnheit und Allgemeinheit entzweit, diejenige Pflicht, deren Inhalt das Allgemeine selbst ist, dadurch unmittelbar die Natur der reinen Pflicht an ihr habe, und Form und Inhalt hiemit sich ganz gemäß werden; so daß also z.B. die Handlung für das allgemeine Beste der für das individuelle vorzuziehen sei. Allein diese allgemeine Pflicht ist überhaupt dasjenige, was als an und für sich seiende Substanz, als Recht und Gesetz vorhanden ist und unabhängig von dem Wissen und der Überzeugung wie von dem unmittelbaren Interesse des Einzelnen gilt; es ist also gerade dasjenige, gegen dessen Form die Moralität überhaupt gerichtet ist. Was aber seinen Inhalt betrifft, so ist auch er ein bestimmter, insofern das allgemeine Beste dem einzelnen entgegengesetzt ist; hiemit ist sein Gesetz ein solches, von welchem das Gewissen sich schlechthin frei weiß und hinzu und davon zu tun, es zu unterlassen sowie zu erfüllen sich die absolute Befugnis gibt.—Alsdenn ist ferner jene Unterscheidung der Pflicht gegen das Einzelne und gegen das Allgemeine der Natur des Gegensatzes überhaupt nach nichts Festes. Sondern vielmehr was der Einzelne für sich tut, kommt auch dem Allgemeinen zugute; je mehr er für sich gesorgt hat, desto größer ist nicht nur seine Möglichkeit, andern zu nützen; sondern seine Wirklichkeit selbst ist nur dies, im Zusammenhange mit andern zu sein und zu leben; sein einzelner Genuß hat wesentlich die Bedeutung, damit andern das Seinige preiszugeben, und ihnen zum Erwerb ihres Genusses zu verhelfen. In der Erfüllung der Pflicht gegen den Einzelnen, also gegen sich, wird also auch die gegen das Allgemeine erfüllt.—Die Erwägung und Vergleichung der Pflichten, welche hier einträte, liefe auf die Berechnung des Vorteils hinaus, den das Allgemeine von einer Handlung hätte, aber teils fällt die Moralität hiedurch der notwendigen Zufälligkeit der Einsicht anheim, teils ist es gerade das Wesen des Gewissens, dies Berechnen und Erwägen abzuschneiden, und ohne solche Gründe aus sich zu entscheiden.

Auf diese Weise handelt und erhält sich also das Gewissen in der Einheit des An-sich- und des Für-sich-seins, in der Einheit des reinen Denkens und der Individualität, und ist der seiner gewisse Geist, der seine Wahrheit an ihm selbst, in seinem Selbst, in seinem Wissen, und darin als dem Wissen von der Pflicht hat. Er erhält sich eben dadurch darin, daß, was Positives in der Handlung ist, sowohl der Inhalt als die Form der Pflicht und das Wissen von ihr, dem Selbst, der Gewißheit seiner, angehört; was aber dem Selbst als eignes An-sich gegenübertreten will, als nicht Wahres, nur als Aufgehobnes, nur als Moment gilt. Es gilt daher nicht das allgemeine Wissen überhaupt, sondern seine Kenntnis von den Umständen. In die Pflicht, als das allgemeine An-sich-sein, legt es den Inhalt ein, den es aus seiner natürlichen Individualität nimmt; denn er ist der an ihm selbst vorhandne; dieser wird durch das allgemeine Medium, worin er ist, die Pflicht, die es ausübt, und die leere reine Pflicht ist eben hiedurch als aufgehobnes oder als Moment gesetzt; dieser Inhalt ist ihre aufgehobne Leerheit oder die Erfüllung.—Aber ebenso ist das Gewissen von jedem Inhalt überhaupt frei; es absolviert sich von jeder bestimmten Pflicht, die als Gesetz gelten soll; in der Kraft der Gewißheit seiner selbst hat es die Majestät der absoluten Autarkie, zu binden und zu lösen.—Diese Selbstbestimmung ist darum unmittelbar das schlechthin Pflichtmäßige; die Pflicht ist das Wissen selbst; diese einfache Selbstheit aber ist das An-sich; denn das An-sich ist die reine Sichselbstgleichheit; und diese ist in diesem Bewußtsein.-Dies reine Wissen ist unmittelbar Sein für Anderes; denn als die reine Sichselbstgleichheit ist es die Unmittelbarkeit, oder das Sein. Dies Sein ist aber zugleich das reine Allgemeine, die Selbstheit Aller; oder das Handeln ist anerkannt und daher wirklich. Dies Sein ist das Element, wodurch das Gewissen unmittelbar mit allen Selbstbewußtsein in der Beziehung der Gleichheit steht; und die Bedeutung dieser Beziehung ist nicht das selbstlose Gesetz, sondern das Selbst des Gewissens.

Darin aber, daß dies Rechte, was das Gewissen tut, zugleich Sein für Anderes ist, scheint eine Ungleichheit an es zu kommen. Die Pflicht, die es vollbringt, ist ein bestimmter Inhalt; er ist zwar das Selbst des Bewußtseins, und darin sein Wissen von sich, seine Gleichheit mit sich selbst. Aber vollbracht, in das allgemeine Medium des Seins gestellt, ist diese Gleichheit nicht mehr Wissen, nicht mehr dieses Unterscheiden, welches seine Unterschiede ebenso unmittelbar aufhebt; sondern im Sein ist der Unterschied bestehend gesetzt, und die Handlung eine bestimmte, ungleich mit dem Elemente des Selbstbewußtseins Aller, also nicht notwendig anerkannt. Beide Seiten, das handelnde Gewissen und das allgemeine diese Handlung als Pflicht anerkennende Bewußtsein sind gleich frei von der Bestimmtheit dieses Tuns. Um dieser Freiheit willen ist die Beziehung in dem gemeinschaftlichen Medium des Zusammenhangs vielmehr ein Verhältnis der vollkommnen Ungleichheit; wodurch das Bewußtsein, für welches die Handlung ist, sich in vollkommner Ungewißheit über den handelnden seiner selbst gewissen Geist befindet. Er handelt, er setzt eine Bestimmtheit als seiend; an dies Sein als an seine Wahrheit halten sich die andern, und sind darin seiner gewiß; er hat darin ausgesprochen, was ihm als Pflicht gilt. Allein er ist frei von irgendeiner bestimmten Pflicht; er ist da heraus, wo sie meinen, daß er wirklich sei; und dies Medium des Seins selbst, und die Pflicht als an sich seiend, gilt ihm nur als Moment. Was er ihnen also hinstellt, verstellt er auch wieder, oder vielmehr hat es unmittelbar verstellt. Denn seine Wirklichkeit ist ihm nicht diese hinausgestellte Pflicht und Bestimmung, sondern diejenige, welche er in der absoluten Gewißheit seiner selbst hat.

Sie wissen also nicht, ob dies Gewissen moralisch gut oder ob es böse ist, oder vielmehr sie können es nicht nur nicht wissen, sondern müssen es auch für böse nehmen. Denn wie es frei von der Bestimmtheit der Pflicht und von der Pflicht als an sich seiender ist, sind sie es gleichfalls. Was es ihnen hinstellt, wissen sie selbst zu verstellen; es ist ein solches, wodurch nur das Selbst eines andern ausgedrückt ist, nicht ihr eignes; sie wissen sich nicht nur frei davon, sondern müssen es in ihrem eignen Bewußtsein auflösen, durch Urteilen und Erklären zunichte machen, um ihr Selbst zu erhalten.

Allein die Handlung des Gewissens ist nicht nur diese von dem reinen Selbst verlaßne Bestimmung des Seins. Was als Pflicht gelten und anerkannt werden soll, ist es allein durch das Wissen und die Überzeugung davon als von der Pflicht, durch das Wissen seiner Selbst in der Tat. Wenn die Tat aufhört, dieses Selbst an ihr zu haben, hört sie auf, das zu sein, was allein ihr Wesen ist. Ihr Dasein von diesem Bewußtsein verlassen, wäre eine gemeine Wirklichkeit, und die Handlung erschiene uns als ein Vollbringen seiner Lust und Begierde. Was da sein soll, ist hier allein Wesenheit dadurch, daß es als sich selbst aussprechende Individualität gewußt wird; und dies Gewußtsein ist es, was das Anerkannte ist, und was, als solches, Dasein haben soll.

Das Selbst tritt ins Dasein als Selbst; der seiner gewisse Geist existiert als solcher für andre; seine unmittelbare Handlung ist nicht das, was gilt und wirklich ist; nicht das Bestimmte, nicht das An-sich-seiende ist das Anerkannte, sondern allein das sich wissende Selbst als solches. Das Element des Bestehens ist das allgemeine Selbstbewußtsein; was in dieses Element tritt, kann nicht die Wirkung der Handlung sein, diese hält nicht darin aus, und erhält kein Bleiben, sondern nur das Selbstbewußtsein ist das Anerkannte und gewinnt die Wirklichkeit.

Wir sehen hiemit wieder die Sprache als das Dasein des Geistes. Sie ist das für andre seiende Selbstbewußtsein, welches unmittelbar als solches vorhanden und als dieses allgemeines ist. Sie ist das sich von sich selbst abtrennende Selbst, das als reines Ich = Ich sich gegenständlich wird, in dieser Gegenständlichkeit sich ebenso als dieses Selbst erhält, wie es unmittelbar mit den andern zusammenfließt und ihr Selbstbewußtsein ist; es vernimmt ebenso sich, als es von den andern vernommen wird, und das Vernehmen ist eben das zum Selbst gewordne Dasein.

Der Inhalt, den die Sprache hier gewonnen, ist nicht mehr das verkehrte und verkehrende und zerrißne Selbst der Welt der Bildung; sondern der in sich zurückgekehrte, seiner und in seinem Selbst seiner Wahrheit oder seines Anerkennens gewisse und als dieses Wissen anerkannte Geist. Die Sprache des sittlichen Geistes ist das Gesetz und der einfache Befehl, und die Klage, die mehr eine Träne über die Notwendigkeit ist; das moralische Bewußtsein hingegen ist noch stumm, bei sich in seinem Innern verschlossen, denn in ihm hat das Selbst noch nicht Dasein, sondern das Dasein und das Selbst stehen erst in äußerer Beziehung aufeinander. Die Sprache aber tritt nur als die Mitte selbstständiger und anerkannter Selbstbewußtsein hervor, und das daseiende Selbst ist unmittelbar allgemeines, vielfaches und in dieser Vielheit einfaches Anerkanntsein. Der Inhalt der Sprache des Gewissens ist das sich als Wesen wissende Selbst. Dies allein spricht sie aus, und dieses Aussprechen ist die wahre Wirklichkeit des Tuns und das Gelten der Handlung. Das Bewußtsein spricht seine Überzeugung aus; diese Überzeugung ist es, worin allein die Handlung Pflicht ist; sie gilt auch allein dadurch als Pflicht, daß die Überzeugung ausgesprochen wird. Denn das allgemeine Selbstbewußtsein ist frei von der nur seienden bestimmten Handlung; sie als Dasein gilt ihm nichts, sondern die Überzeugung, daß sie Pflicht ist; und diese ist in der Sprache wirklich.—Die Handlung verwirklichen heißt hier nicht ihren Inhalt aus der Form des Zwecks oder Für-sich-seins in die Form der abstrakten Wirklichkeit übersetzen, sondern aus der Form der unmittelbaren Gewißheit seiner selbst, die ihr Wissen oder Für-sich-sein als das Wesen weiß, in die Form der Versicherung, daß das Bewußtsein von der Pflicht überzeugt ist, und die Pflicht als Gewissen aus sich selbst weiß; diese Versicherung versichert also, daß es davon überzeugt ist, daß seine Überzeugung das Wesen ist.

Ob die Versicherung, aus Überzeugung von der Pflicht zu handeln, wahr ist, ob es wirklich die Pflicht ist, was getan wird—diese Fragen oder Zweifel haben keinen Sinn gegen das Gewissen.—Bei jener Frage, ob die Versicherung wahr ist, würde vorausgesetzt, daß die innere Absicht von der vorgegebnen verschieden sei, d.h. daß das Wollen des einzelnen Selbsts sich von der Pflicht, von dem Willen des allgemeinen und reinen Bewußtseins trennen könne; der letztre wäre in die Rede gelegt, das erstere aber eigentlich die wahre Triebfeder der Handlung. Allein dieser Unterschied des allgemeinen Bewußtseins und des einzelnen Selbsts ist es eben, der sich aufgehoben, und dessen Aufheben das Gewissen ist. Das unmittelbare Wissen des seiner gewissen Selbsts ist Gesetz und Pflicht; seine Absicht ist dadurch, daß sie seine Absicht ist, das Rechte; es wird nur erfodert, daß er dies wisse, und dies, daß es die Überzeugung davon, sein Wissen und Wollen sei das Rechte, sage. Das Aussprechen dieser Versicherung hebt an sich selbst die Form seiner Besonderheit auf; es anerkennt darin die notwendige Allgemeinheit des Selbsts; indem es sich Gewissen nennt, nennt es sich reines Sich-selbst-wissen und reines abstraktes Wollen, d.h. es nennt sich ein allgemeines Wissen und Wollen, das die andern anerkennt, ihnen gleich ist, denn sie sind eben dies reine Sich-wissen und Wollen, und das darum auch von ihnen anerkannt wird. In dem Wollen des seiner gewissen Selbsts, in diesem Wissen, daß das Selbst das Wesen ist, liegt das Wesen des Rechten. —Wer also sagt, er handle so aus Gewissen, der spricht wahr, denn sein Gewissen ist das wissende und wollende Selbst. Er muß dies aber wesentlich sagen, denn dies Selbst muß zugleich allgemeines Selbst sein. Dies ist es nicht in dem Inhalt der Handlung, denn dieser ist um seiner Bestimmtheit willen an sich gleichgültig: sondern die Allgemeinheit liegt in der Form derselben; diese Form ist es, welche als wirklich zu setzen ist; sie ist das Selbst, das als solches in der Sprache wirklich ist, sich als das Wahre aussagt, eben darin alle Selbst anerkennt und von ihnen anerkannt wird.

Das Gewissen also, in der Majestät seiner Erhabenheit über das bestimmte Gesetz und jeden Inhalt der Pflicht, legt den beliebigen Inhalt in sein Wissen und Wollen; es ist die moralische Genialität, welche die innere Stimme ihres unmittelbaren Wissens als göttliche Stimme weiß, und indem sie an diesem Wissen ebenso unmittelbar das Dasein weiß, ist sie die göttliche Schöpferkraft, die in ihrem Begriffe die Lebendigkeit hat. Sie ist ebenso der Gottesdienst in sich selbst; denn ihr Handeln ist das Anschauen dieser ihrer eignen Göttlichkeit.

Dieser einsame Gottesdienst ist zugleich wesentlich der Gottesdienst einer Gemeine, und das reine innere Sich-selbst-wissen und Vernehmen geht zum Momente des Bewußtseins fort. Die Anschauung seiner ist sein gegenständliches Dasein, und dies gegenständliche Element ist das Aussprechen seines Wissens und Wollens als eines Allgemeinen. Durch dies Aussprechen wird das Selbst zum Geltenden und die Handlung zur ausführenden Tat. Die Wirklichkeit und das Bestehen seines Tuns ist das allgemeine Selbstbewußtsein; das Aussprechen des Gewissens aber setzt die Gewißheit seiner selbst als reines und dadurch als allgemeines Selbst; die andern lassen die Handlung um dieser Rede willen, worin das Selbst als das Wesen ausgedrückt und anerkannt ist, gelten. Der Geist und die Substanz ihrer Verbindung ist also die gegenseitige Versicherung von ihrer Gewissenhaftigkeit, guten Absichten, das Erfreuen über diese wechselseitige Reinheit und das Laben an der Herrlichkeit des Wissens und Aussprechens, des Hegens und Pflegens solcher Vortrefflichkeit. —Insofern dies Gewissen sein abstraktes Bewußtsein noch von seinem Selbstbewußtsein unterscheidet, hat es sein Leben nur verborgen in Gott; er ist zwar unmittelbar seinem Geist und Herzen, seinem Selbst gegenwärtig; aber das offenbare, sein wirkliches Bewußtsein und die vermittelnde Bewegung desselben ist ihm ein Anderes als jenes verborgene Innere und die Unmittelbarkeit des gegenwärtigen Wesens. Allein in der Vollendung des Gewissens hebt sich der Unterschied seines abstrakten und seines Selbstbewußtseins auf. Es weiß, daß das abstrakte Bewußtsein eben dieses Selbst, dieses seiner gewisse Für-sich-sein ist, daß in der Unmittelbarkeit der Beziehung des Selbsts auf das An-sich, das außer dem Selbst gesetzt das abstrakte Wesen und das ihm verborgene ist, eben die Verschiedenheit aufgehoben ist. Denn diejenige Beziehung ist eine vermittelnde, worin die bezognen nicht ein und dasselbe, sondern ein Anderes füreinander und nur in einem dritten eins sind; die unmittelbare Beziehung aber heißt in der Tat nichts anderes als die Einheit. Das Bewußtsein, über die Gedankenlosigkeit, diese Unterschiede, die keine sind, noch für Unterschiede zu halten, erhoben, weiß die Unmittelbarkeit der Gegenwart des Wesens in ihm als Einheit des Wesens und seines Selbsts, sein Selbst also als das lebendige An-sich und dies sein Wissen als die Religion, die als angeschautes oder daseiendes Wissen das Sprechen der Gemeine über ihren Geist ist.

Wir sehen hiemit hier das Selbstbewußtsein in sein Innerstes zurückgegangen, dem alle Äußerlichkeit als solche verschwindet—in die Anschauung des Ich = Ich, worin dieses Ich alle Wesenheit und Dasein ist. Es versinkt in diesem Begriffe seiner selbst, denn es ist auf die Spitze seiner Extreme getrieben, und zwar so, daß die unterschiednen Momente, wodurch es real oder noch Bewußtsein ist, nicht für uns nur diese reinen Extreme sind, sondern das, was es für sich, und was ihm an sich und was ihm Dasein ist, zu Abstraktionen verflüchtigt, die keinen Halt, keine Substanz mehr für dies Bewußtsein selbst haben; und alles, was bisher für das Bewußtsein Wesen war, ist in diese Abstraktionen zurückgegangen.—Zu dieser Reinheit geläutert, ist das Bewußtsein seine ärmste Gestalt, und die Armut, die seinen einzigen Besitz ausmacht, ist selbst ein Verschwinden; diese absolute Gewißheit, in welche sich die Substanz aufgelöst hat, ist die absolute Unwahrheit, die in sich zusammenfällt; es ist das absolute Selbstbewußtsein, in dem das Bewußtsein versinkt.

Dies Versinken innerhalb seiner selbst betrachtet, so ist für das Bewußtsein die ansichseiende Substanz das Wissen als sein Wissen. Als Bewußtsein ist es in den Gegensatz seiner und des Gegenstandes, der für es das Wesen ist, getrennt; aber dieser Gegenstand eben ist das vollkommen Durchsichtige, es ist sein Selbst, und sein Bewußtsein ist nur das Wissen von sich. Alles Leben und alle geistige Wesenheit ist in dies Selbst zurückgegangen, und hat seine Verschiedenheit von dem Ich-selbst verloren. Die Momente des Bewußtseins sind daher diese extremen Abstraktionen, deren keine steht, sondern in der andern sich verliert und sie erzeugt. Es ist der Wechsel des unglücklichen Bewußtseins mit sich, der aber für es selbst innerhalb seiner vorgeht und der Begriff der Vernunft zu sein sich bewußt ist, der jenes nur an sich ist. Die absolute Gewißheit seiner selbst schlägt ihr also als Bewußtsein unmittelbar in ein Austönen, in Gegenständlichkeit seines Für-sich-seins um; aber diese erschaffne Welt ist seine Rede, die es ebenso unmittelbar vernommen, und deren Echo nur zu ihm zurückkommt. Diese Rückkehr hat daher nicht die Bedeutung, daß es an und für sich darin ist; denn das Wesen ist ihm kein An-sich, sondern es selbst; ebensowenig hat es Dasein, denn das Gegenständliche kommt nicht dazu, ein Negatives des wirklichen Selbsts zu sein, so wie dieses nicht zur Wirklichkeit. Es fehlt ihm die Kraft der Entäußerung, die Kraft, sich zum Dinge zu machen und das Sein zu ertragen. Es lebt in der Angst, die Herrlichkeit seines Innern durch Handlung und Dasein zu beflecken, und um die Reinheit seines Herzens zu bewahren, flieht es die Berührung der Wirklichkeit und beharret in der eigensinnigen Kraftlosigkeit, seinem zur letzten Abstraktion zugespitzten Selbst zu entsagen und sich Substantialität zu geben, oder sein Denken in Sein zu verwandeln und sich dem absoluten Unterschiede anzuvertrauen. Der hohle Gegenstand, den es sich erzeugt, erfüllt es daher nur mit dem Bewußtsein der Leerheit; sein Tun ist das Sehnen, das in dem Werden seiner selbst zum wesenlosen Gegenstande sich nur verliert, und über diesen Verlust hinaus und zurück zu sich fallend, sich nur als verlornes findet;—in dieser durchsichtigen Reinheit seiner Momente eine unglückliche sogenannte schöne Seele, verglimmt sie in sich, und schwindet als ein gestaltloser Dunst, der sich in Luft auflöst.

Dies stille Zusammenfließen der marklosen Wesenheiten des verflüchtigten Lebens ist aber noch in der andern Bedeutung der Wirklichkeit des Gewissens und in der Erscheinung seiner Bewegung zu nehmen, und das Gewissen als handelnd zu betrachten.—Das gegenständliche Moment in diesem Bewußtsein hat sich oben als allgemeines Bewußtsein bestimmt; das sich selbst wissende Wissen ist als dieses Selbst unterschieden von andern Selbst; die Sprache, in der sich alle gegenseitig als gewissenhaft handelnd anerkennen, diese allgemeine Gleichheit, zerfällt in die Ungleichheit des einzelnen Für-sich-seins, jedes Bewußtsein ist aus seiner Allgemeinheit ebenso schlechthin in sich reflektiert; hiedurch tritt der Gegensatz der Einzelnheit gegen die andern Einzelnen und gegen das Allgemeine notwendig ein, und dieses Verhältnis und seine Bewegung ist zu betrachten.—Oder diese Allgemeinheit und die Pflicht hat die schlechthin entgegengesetzte Bedeutung der bestimmten von dem Allgemeinen sich ausnehmenden Einzelnheit, für welche die reine Pflicht nur die an die Oberfläche getretene und nach außen gekehrte Allgemeinheit ist; die Pflicht liegt nur in den Worten, und gilt als ein Sein für Anderes. Das Gewissen, zunächst nur negativ gegen die Pflicht als diese bestimmte vorhandne gerichtet, weiß sich frei von ihr; aber indem es die leere Pflicht mit einem bestimmten Inhalte aus sich selbst anfüllt, hat es das positive Bewußtsein darüber, daß es als dieses Selbst sich den Inhalt macht; sein reines Selbst, als leeres Wissen, ist das Inhalts- und Bestimmungslose; der Inhalt, den es ihm gibt, ist aus seinem Selbst als diesem bestimmten, aus sich als natürlicher Individualität genommen, und in dem Sprechen von der Gewissenhaftigkeit seines Handelns ist es sich wohl seines reinen Selbsts, aber, im Zwecke seines Handelns als wirklichem Inhalt, seiner als dieses besondern Einzelnen und des Gegensatzes desjenigen bewußt, was es für sich und was es für andere ist, des Gegensatzes der Allgemeinheit oder Pflicht und seines Reflektiertseins aus ihr.

Wenn sich so der Gegensatz, in den das Gewissen als handelnd eintritt, in seinem Innern ausdrückt, so ist er zugleich die Ungleichheit nach Außen in dem Elemente des Daseins, die Ungleichheit seiner besondern Einzelnheit gegen anderes Einzelnes.—Seine Besonderheit besteht darin, daß die beiden sein Bewußtsein konstituierenden Momente, das Selbst und das An-sich, mit ungleichem Werte, und zwar mit der Bestimmung in ihm gelten, daß die Gewißheit seiner selbst das Wesen ist, gegen das An-sich oder das Allgemeine, das nur als Moment gilt. Dieser innerlichen Bestimmung steht also das Element des Daseins oder das allgemeine Bewußtsein gegenüber, welchem vielmehr die Allgemeinheit, die Pflicht das Wesen, dagegen die Einzelnheit, die gegen das Allgemeine für sich ist, nur als aufgehobnes Moment gilt. Diesem Festhalten an der Pflicht gilt das erste Bewußtsein als das Böse, weil es die Ungleichheit seines In-sich-seins mit dem Allgemeinen ist, und indem dieses zugleich sein Tun als Gleichheit mit sich selbst, als Pflicht und Gewissenhaftigkeit ausspricht, als Heuchelei.

Die Bewegung dieses Gegensatzes ist zunächst die formelle Herstellung der Gleichheit zwischen dem, was das Böse in sich ist, und was es ausspricht; es muß zum Vorschein kommen, daß es böse und so sein Dasein seinem Wesen gleich, die Heuchelei muß entlarvt werden.—Diese Rückkehr der in ihr vorhandnen Ungleichheit in die Gleichheit ist nicht darin schon zustande gekommen, daß die Heuchelei, wie man zu sagen pflegt, ebendadurch ihre Achtung für Pflicht und Tugend beweise, daß sie den Schein derselben annehme und als Maske für ihr eignes nicht weniger als für fremdes Bewußtsein gebrauche; in welchem Anerkennen des Entgegengesetzten an sich die Gleichheit und Übereinstimmung enthalten sei.—Allein sie ist zugleich aus diesem Anerkennen der Sprache ebensosehr heraus und in sich reflektiert, und darin, daß sie das An-sich-seiende nur als ein Sein für Anderes gebraucht, ist vielmehr die eigne Verachtung desselben und die Darstellung seiner Wesenlosigkeit für alle enthalten. Denn was sich als ein äußerliches Werkzeug gebrauchen läßt, zeigt sich als ein Ding, das keine eigne Schwere in sich hat.

Auch kommt diese Gleichheit weder durch das einseitige Beharren des bösen Bewußtseins auf sich noch durch das Urteil des Allgemeinen zustande.—Wenn jenes sich gegen das Bewußtsein der Pflicht verleugnet und, was dieses für Schlechtigkeit, für absolute Ungleichheit mit dem Allgemeinen, aussagt, als ein Handeln nach dem innern Gesetze und Gewissen behauptet, so bleibt in dieser einseitigen Versicherung der Gleichheit seine Ungleichheit mit dem Andern, da ja dieses sie nicht glaubt und nicht anerkennt.—Oder da das einseitige Beharren auf einem Extreme sich selbst auflöst, so würde das Böse sich zwar dadurch als Böses eingestehen, aber darin sich unmittelbar aufheben und nicht Heuchelei sein noch als solche sich entlarven. Es gesteht sich in der Tat als Böses durch die Behauptung ein, daß es, dem anerkannten Allgemeinen entgegengesetzt, nach seinem innern Gesetze und Gewissen handle. Denn wäre dies Gesetz und Gewissen nicht das Gesetz seiner Einzelnheit und Willkür, so wäre es nicht etwas Innres, Eignes, sondern das allgemein Anerkannte. Wer darum sagt, daß er nach seinem Gesetze und Gewissen gegen die andern handle, sagt in der Tat, daß er sie mißhandle. Aber das wirkliche Gewissen ist nicht dieses Beharren auf dem Wissen und Willen, der dem Allgemeinen sich entgegensetzt, sondern das Allgemeine ist das Element seines Daseins, und seine Sprache sagt sein Tun als die anerkannte Pflicht aus.

Ebensowenig ist das Beharren des allgemeinen Bewußtseins auf seinem Urteile Entlarvung und Auflösung der Heuchelei.—Indem es gegen sie schlecht, niederträchtig u.s.f. ausruft, beruft es sich in solchem Urteil auf sein Gesetz, wie das böse Bewußtsein auf das seinige. Denn jenes tritt im Gegensatz gegen dieses und dadurch als ein besonderes Gesetz auf. Es hat also nichts vor dem andern voraus, legitimiert vielmehr dieses, und dieser Eifer tut gerade das Gegenteil dessen, was er zu tun meint,—nämlich das, was er wahre Pflicht nennt und das allgemein anerkannt sein soll, als ein Nichtanerkanntes zu zeigen, und hiedurch dem andern das gleiche Recht des Für-sich-seins einzuräumen.

Dies Urteil aber hat zugleich eine andre Seite, von welcher es die Einleitung zur Auflösung des vorhandnen Gegensatzes wird.—Das Bewußtsein des Allgemeinen verhält sich nicht als wirkliches und handelndes gegen das erste—denn dieses ist vielmehr das wirkliche—, sondern ihm entgegengesetzt, als dasjenige, das nicht in dem Gegensatze der Einzelnheit und Allgemeinheit befangen ist, welcher in dem Handeln eintritt. Es bleibt in der Allgemeinheit des Gedankens, verhält sich als auffassendes, und seine erste Handlung ist nur das Urteil.—Durch dies Urteil stellt es sich nun, wie soeben bemerkt wurde, neben das erste, und dieses kommt durch diese Gleichheit zur Anschauung seiner selbst in diesem andern Bewußtsein. Denn das Bewußtsein der Pflicht verhält sich auffassend, passiv; es ist aber hiedurch im Widerspruche mit sich als dem absoluten Willen der Pflicht, mit sich, dem schlechthin aus sich selbst Bestimmenden. Es hat gut sich in der Reinheit bewahren, denn es handelt nicht; es ist die Heuchelei, die das Urteilen für wirkliche Tat genommen wissen will, und statt durch Handlung durch das Aussprechen vortrefflicher Gesinnungen die Rechtschaffenheit beweist. Es ist also ganz so beschaffen wie dasjenige, dem der Vorwurf gemacht wird, daß es nur in seine Rede die Pflicht legt. In beiden ist die Seite der Wirklichkeit gleich unterschieden von der Rede, in dem einen durch den eigennützigen Zweck der Handlung, in dem andern durch das Fehlen des Handelns überhaupt, dessen Notwendigkeit in dem Sprechen von der Pflicht selbst liegt, denn diese hat ohne Tat gar keine Bedeutung.

Das Urteilen ist aber auch als positive Handlung des Gedankens zu betrachten und hat einen positiven Inhalt; durch diese Seite wird der Widerspruch, der in dem auffassenden Bewußtsein vorhanden ist, und seine Gleichheit mit dem ersten noch vollständiger.—Das handelnde Bewußtsein spricht dies sein bestimmtes Tun als Pflicht aus, und das beurteilende kann ihm dies nicht ableugnen; denn die Pflicht selbst ist die jeden Inhalts fähige, inhaltslose Form,—oder die konkrete Handlung, in ihrer Vielseitigkeit an ihr selbst verschieden, hat die allgemeine Seite, welche die ist, die als Pflicht genommen wird, ebensosehr an ihr als die besondere, die den Anteil und das Interesse des Individuums ausmacht. Das beurteilende Bewußtsein bleibt nun nicht bei jener Seite der Pflicht und bei dem Wissen des Handelnden davon, daß dies seine Pflicht, das Verhältnis und der Stand seiner Wirklichkeit sei, stehen. Sondern es hält sich an die andre Seite, spielt die Handlung in das Innre hinein, und erklärt sie aus ihrer von ihr selbst verschiednen Absicht und eigennützigen Triebfeder. Wie jede Handlung der Betrachtung ihrer Pflichtgemäßheit fähig ist, ebenso dieser andern Betrachtung der Besonderheit; denn als Handlung ist sie die Wirklichkeit des Individuums.—Dieses Beurteilen setzt also die Handlung aus ihrem Dasein heraus und reflektiert sie in das Innre oder in die Form der eignen Besonderheit.—Ist sie von Ruhme begleitet, so weiß es dies Innre als Ruhmsucht;—ist sie dem Stande des Individuums überhaupt angemessen, ohne über diesen hinauszugehen, und so beschaffen, daß die Individualität den Stand nicht als eine äußere Bestimmung an ihr hängen hat, sondern diese Allgemeinheit durch sich selbst ausfüllt und ebendadurch sich als eines Höhern fähig zeigt, so weiß das Urteil ihr Innres als Ehrbegierde u.s.f. Indem in der Handlung überhaupt das Handelnde zur Anschauung seiner selbst in der Gegenständlichkeit, oder zum Selbstgefühl seiner in seinem Dasein und also zum Genusse gelangt; so weiß das Urteil das Innre als Trieb nach eigner Glückseligkeit, bestünde sie auch nur in der innern moralischen Eitelkeit, dem Genusse des Bewußtseins der eignen Vortrefflichkeit, und dem Vorschmacke der Hoffnung einer künftigen Glückseligkeit.—Es kann sich keine Handlung solchem Beurteilen entziehen, denn die Pflicht um der Pflicht willen, dieser reine Zweck, ist das Unwirkliche; seine Wirklichkeit hat er in dem Tun der Individualität, und die Handlung dadurch die Seite der Besondernheit an ihr.—Es gibt keinen Helden für den Kammerdiener; nicht aber weil jener nicht ein Held, sondern weil dieser—der Kammerdiener ist, mit welchem jener nicht als Held, sondern als Essender, Trinkender, sich Kleidender, überhaupt in der Einzelnheit des Bedürfnisses und der Vorstellung zu tun hat. So gibt es für das Beurteilen keine Handlung, in welcher es nicht die Seite der Einzelnheit der Individualität der allgemeinen Seite der Handlung entgegensetzen, und gegen den Handelnden den Kammerdiener der Moralität machen könnte.

Dies beurteilende Bewußtsein ist hiemit selbst niederträchtig, weil es die Handlung teilt, und ihre Ungleichheit mit ihr selbst hervorbringt und festhält. Es ist ferner Heuchelei, weil es solches Beurteilen nicht für eine andre Manier, böse zu sein, sondern für das rechte Bewußtsein der Handlung ausgibt, in dieser seiner Unwirklichkeit und Eitelkeit des Gut- und Besserwissens sich selbst über die heruntergemachten Taten hinaufsetzt, und sein tatloses Reden für eine vortreffliche Wirklichkeit genommen wissen will.—Hiedurch also dem Handelnden, welches von ihm beurteilt wird, sich gleich machend, wird es von diesem als dasselbe mit ihm erkannt. Dieses findet sich von jenem nicht nur aufgefaßt als ein Fremdes und mit ihm Ungleiches, sondern vielmehr jenes nach dessen eigner Beschaffenheit mit ihm gleich. Diese Gleichheit anschauend und sie aussprechend, gesteht es sich ihm ein, und erwartet ebenso, daß das Andre, wie es sich in der Tat ihm gleich gestellt hat, so auch seine Rede erwidern, in ihr seine Gleichheit aussprechen und das anerkennende Dasein eintreten werde. Sein Geständnis ist nicht eine Erniedrigung, Demütigung, Wegwerfung im Verhältnisse gegen das Andre; denn dieses Aussprechen ist nicht das einseitige, wodurch es seine Ungleichheit mit ihm setzte, sondern allein um der Anschauung der Gleichheit des Andern willen mit ihm spricht es sich, es spricht ihre Gleichheit von seiner Seite in seinem Geständnisse aus, und spricht sie darum aus, weil die Sprache das Dasein des Geistes als unmittelbaren Selbsts ist; es erwartet also, daß das Andre das Seinige zu diesem Dasein beitrage.

Allein auf das Eingeständnis des Bösen: Ich bin's, erfolgt nicht diese Erwiderung des gleichen Geständnisses. So war es mit jenem Urteilen nicht gemeint; im Gegenteil! Es stößt diese Gemeinschaft von sich, und ist das harte Herz, das für sich ist und die Kontinuität mit dem andern verwirft.—Hiedurch kehrt sich die Szene um. Dasjenige, das sich bekannte, sieht sich zurückgestoßen, und das andere im Unrecht, welches das Heraustreten seines Innern in das Dasein der Rede verweigert und dem Bösen die Schönheit seiner Seele, dem Bekenntnisse aber den steifen Nacken des sich gleich bleibenden Charakters und die Stummheit, sich in sich zu behalten und sich nicht gegen einen andern wegzuwerfen, entgegensetzt. Es ist hier die höchste Empörung des seiner selbst gewissen Geistes gesetzt; denn er schaut sich als dieses einfache Wissen des Selbsts im Andern an, und zwar so, daß auch die äußere Gestalt dieses Andern nicht wie im Reichtume das Wesenlose, nicht ein Ding ist, sondern es ist der Gedanke, das Wissen selbst, was ihm entgegengehalten, es ist diese absolut flüssige Kontinuität des reinen Wissens, die sich verweigert, ihre Mitteilung mit ihm zu setzen—mit ihm, der schon in seinem Bekenntnisse dem abgesonderten Für-sich-sein entsagte, und sich als aufgehobne Besonderheit und hiedurch als die Kontinuität mit dem Andern, als Allgemeines setzte. Das Andre aber behält an ihm selbst sich sein sich nicht mitteilendes Für-sich-sein bevor; an dem bekennenden behält es ebendasselbe, was aber von diesem schon abgeworfen ist. Es zeigt sich dadurch als das geistverlaßne und den Geist verleugnende Bewußtsein, denn es erkennt nicht, daß der Geist in der absoluten Gewißheit seiner selbst über alle Tat und Wirklichkeit Meister, und sie abwerfen und ungeschehen machen kann. Zugleich erkennt es nicht den Widerspruch, den es begeht, die Abwerfung, die in der Rede geschehen ist, nicht für das wahre Abwerfen gelten zu lassen, während es selbst die Gewißheit seines Geistes nicht in einer wirklichen Handlung, sondern in seinem Innern und dessen Dasein in der Rede seines Urteils hat. Es ist es also selbst, das die Rückkehr des Andern aus der Tat in das geistige Dasein der Rede und in die Gleichheit des Geistes hemmt und durch diese Härte die Ungleichheit hervorbringt, welche noch vorhanden ist.

Insofern nun der seiner selbst gewisse Geist, als schöne Seele, nicht die Kraft der Entäußerung des an sich haltenden Wissens ihrer selbst besitzt, kann sie nicht zur Gleichheit mit dem zurückgestoßnen Bewußtsein und also nicht zur angeschauten Einheit ihrer selbst im Andern, nicht zum Dasein gelangen; die Gleichheit kommt daher nur negativ, als ein geistloses Sein, zustande. Die wirklichkeitslose schöne Seele, in dem Widerspruche ihres reinen Selbsts und der Notwendigkeit desselben, sich zum Sein zu entäußern und in Wirklichkeit umzuschlagen, in der Unmittelbarkeit dieses festgehaltnen Gegensatzes—einer Unmittelbarkeit, die allein die Mitte und Versöhnung des auf seine reine Abstraktion gesteigerten Gegensatzes, und die reines Sein oder das leere Nichts ist—ist also als Bewußtsein dieses Widerspruches in seiner unversöhnten Unmittelbarkeit zur Verrücktheit zerrüttet, und zerfließt in sehnsüchtiger Schwindsucht. Es gibt damit in der Tat das harte Festhalten seines Für-sich-seins auf, bringt aber nur die geistlose Einheit des Seins hervor.

Die wahre, nämlich die selbstbewußte und daseiende Ausgleichung ist nach ihrer Notwendigkeit schon in dem Vorhergehenden enthalten. Das Brechen des harten Herzens und seine Erhebung zur Allgemeinheit ist dieselbe Bewegung, welche an dem Bewußtsein ausgedrückt war, das sich selbst bekannte. Die Wunden des Geistes heilen, ohne daß Narben bleiben; die Tat ist nicht das Unvergängliche, sondern wird von dem Geiste in sich zurückgenommen, und die Seite der Einzelnheit, die an ihr, es sei als Absicht oder als daseiende Negativität und Schranke derselben vorhanden ist, ist das unmittelbar verschwindende. Das verwirklichende Selbst, die Form seiner Handlung, ist nur ein Moment des Ganzen, und ebenso das durch Urteil bestimmende und den Unterschied der einzelnen und allgemeinen Seite des Handelns festsetzende Wissen. Jenes Böse setzt diese Entäußerung seiner oder sich als Moment, hervorgelockt in das bekennende Dasein durch die Anschauung seiner selbst im Andern. Diesem Andern aber muß, wie jenem sein einseitiges nicht anerkanntes Dasein des besondern Für-sich-seins, so ihm sein einseitiges nicht anerkanntes Urteil brechen; und wie jenes die Macht des Geistes über seine Wirklichkeit darstellt, so dies die Macht über seinen bestimmten Begriff.

Dieses entsagt aber dem teilenden Gedanken und der Härte des an ihm festhaltenden Für-sich-seins, darum weil es in der Tat sich selbst im ersten anschaut. Dies, das seine Wirklichkeit wegwirft, und sich zum aufgehobnen Diesen macht, stellt sich dadurch in der Tat als Allgemeines dar; es kehrt aus seiner äußern Wirklichkeit in sich als Wesen zurück; das allgemeine Bewußtsein erkennt also darin sich selbst.—Die Verzeihung, die es dem ersten widerfahren läßt, ist die Verzicht-Leistung auf sich, auf sein unwirkliches Wesen, dem es jenes andere, das wirkliches Handeln war, gleichsetzt, und es, das von der Bestimmung, die das Handeln im Gedanken erhielt, Böses genannt wurde, als gut anerkennt, oder vielmehr diesen Unterschied des bestimmten Gedankens und sein fürsichseiendes bestimmendes Urteil fahren läßt, wie das Andre das fürsichseiende Bestimmen der Handlung. —Das Wort der Versöhnung ist der daseiende Geist, der das reine Wissen seiner selbst als allgemeinen Wesens in seinem Gegenteile, in dem reinen Wissen seiner als der absolut in sich seienden Einzelnheit anschaut—ein gegenseitigem Anerkennen, welches der absolute Geist ist.

Er tritt ins Dasein nur auf der Spitze, auf welcher sein reines Wissen von sich selbst der Gegensatz und Wechsel mit sich selbst ist. Wissend, daß sein reines Wissen das abstrakte Wesen ist, ist er diese wissende Pflicht im absoluten Gegensatze gegen das Wissen, das sich als absolute Einzelnheit des Selbsts das Wesen zu sein weiß. Jenes ist die reine Kontinuität des Allgemeinen, welches die sich als Wesen wissende Einzelnheit als das an sich Nichtige, als das Böse weiß. Dies aber ist die absolute Diskretion, welche sich selbst in ihrem reinen Eins absolut, und jenes Allgemeine als das unwirkliche weiß, das nur für Andre ist. Beide Seiten sind zu dieser Reinheit geläutert, worin kein selbstloses Dasein, kein Negatives des Bewußtseins mehr an ihnen ist, sondern jene Pflicht ist der sich gleichbleibende Charakter seines Sich-selbst-wissens, und dieses Böse hat ebenso seinen Zweck in seinem In-sich-sein, und seine Wirklichkeit in seiner Rede; der Inhalt dieser Rede ist die Substanz seines Bestehens; sie ist die Versicherung von der Gewißheit des Geistes in sich selbst.—Beide ihrer selbst gewissen Geister haben keinen andern Zweck als ihr reines Selbst, und keine andre Realität und Dasein als eben dieses reine Selbst. Aber sie sind noch verschieden, und die Verschiedenheit ist die absolute, weil sie in diesem Elemente des reinen Begriffes gesetzt ist. Sie ist es auch nicht nur für uns, sondern für die Begriffe selbst, die in diesem Gegensatze stehen. Denn diese Begriffe sind zwar bestimmte gegeneinander, aber zugleich an sich allgemeine, so daß sie den ganzen Umfang des Selbsts ausfüllen, und dies Selbst keinen andern Inhalt als diese seine Bestimmtheit hat, die weder über es hinausgeht, noch beschränkter ist als es; denn die eine, das absolut Allgemeine, ist ebenso das reine Sich-selbst-wissen als das andre, die absolute Diskretion der Einzelnheit, und beide sind nur dies reine Sich-wissen. Beide Bestimmtheiten sind also die wissenden reinen Begriffe, deren Bestimmtheit selbst unmittelbar Wissen, oder deren Verhältnis und Gegensatz das Ich ist. Hiedurch sind sie füreinander diese schlechthin Entgegengesetzten; es ist das vollkommen Innre, das so sich selbst gegenüber und ins Dasein getreten ist; sie machen das reine Wissen aus, das durch diesen Gegensatz als Bewußtsein gesetzt ist. Aber noch ist es nicht Selbstbewußtsein. Diese Verwirklichung hat es in der Bewegung dieses Gegensatzes. Denn dieser Gegensatz ist vielmehr selbst die indiskrete Kontinuität und Gleichheit des Ich = Ich; und jedes für sich eben durch den Widerspruch seiner reinen Allgemeinheit, welche zugleich seiner Gleichheit mit dem andern noch widerstrebt und sich davon absondert, hebt an ihm selbst sich auf. Durch diese Entäußerung kehrt dies in seinem Dasein entzweite Wissen in die Einheit des Selbsts zurück; es ist das wirkliche Ich, das allgemeine Sich-selbst-wissen in seinem absoluten Gegenteile, in dem insichseienden Wissen, das um der Reinheit seines abgesonderten In-sich-seins willen selbst das vollkommen Allgemeine ist. Das versöhnende Ja, worin beide Ich von ihrem entgegengesetzten Dasein ablassen, ist das Dasein des zur Zweiheit ausgedehnten Ichs, das darin sich gleich bleibt, und in seiner vollkommnen Entäußerung und Gegenteile die Gewißheit seiner selbst hat;—es ist der erscheinende Gott mitten unter ihnen, die sich als das reine Wissen wissen.

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Phänomenologie des Geistes durch Georg Wilhelm Friedrich Hegel